Andrea Nahles ist verärgert über verweigerte Gespräche in Nordrhein-Westfalen. Leutheusser-Schnarrenberger fordert FDP zu mehr Offenheit auf.

Berlin. SPD und Grüne reagieren zunehmend verärgert auf die Weigerung der FDP, nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen (NRW) in Sondierungsgespräche über eine Ampelkoalition einzutreten. "So eine undemokratische, miese Performance hat die FDP seit 1949 noch nicht geboten in Deutschland", sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles dem Hamburger Abendblatt .

Die Äußerung von FDP-Generalsekretär Christian Lindner, Koalitionen mit SPD und Grünen seien in Zukunft "unter Umständen vorstellbar", ließ Nahles nicht gelten: "Herr Lindner versucht nur abzulenken von der unverantwortlichen Gesprächsverweigerung der FDP in NRW."

Die FDP habe sich "mit ihrem Affentanz in NRW selbst völlig disqualifiziert und politikunfähig gezeigt", kritisierte auch Grünen-Chefin Claudia Roth. In den vergangenen Tagen hätten die Liberalen bewiesen, "wie weit für sie der Weg zurück zur Vernunft wäre". Lindner müsse "klar sein, dass dafür kosmetische Korrekturen nicht genügen werden".

Der FDP-Generalsekretär hatte die Absage an Koalitionsgespräche in Nordrhein-Westfalen verteidigt. Wer Gemeinsamkeiten mit der Linkspartei sehe, sei für die Liberalen kein Gesprächspartner, sagte Lindner im Abendblatt-Interview.

Lindner machte aber deutlich, dass er Bündnisse mit SPD und Grünen im kommenden Jahr wieder für möglich hält. "Es gibt in allen demokratischen Parteien interessante Persönlichkeiten und Positionen, nicht nur in Union und FDP", sagte er. Ob es nach einer der sechs Landtagswahlen 2011 zu einer sozialliberalen Koalition oder zu einem Ampelbündnis komme, sei Sache der FDP-Landesverbände. "Aber ich sehe schon, dass es etwa in Rheinland-Pfalz eine sozialliberale Tradition gibt." Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sprach sich für größere Offenheit in der Koalitionsfrage aus. "Die Frage, mit welcher Partei die FDP eine Regierung bildet, muss immer von den Inhalten abhängig gemacht werden", sagte sie dem Abendblatt. "Die FDP ist die Partei der Mitte. Sie ist keine Ein-Themen-Partei, und daher gibt es zu allen demokratischen Parteien Schnittmengen." Leutheusser-Schnarrenberger riet den Liberalen zur Profilkorrektur. "Gerade der Schutz und die Wahrung der Bürgerrechte sind und waren immer ein Markenzeichen der FDP. Es geht jetzt darum, das liberale Profil der FDP insgesamt herauszustellen."

Das letzte Bündnis von SPD und FDP auf Landesebene endete 2006 in Rheinland-Pfalz, als die Sozialdemokraten mit Regierungschef Kurt Beck die absolute Mehrheit erzielten. Nach der NRW-Wahl regiert die FDP noch in sieben Bundesländern - Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Sachsen, Hessen, Schleswig-Holstein und dem Saarland - unter einem Ministerpräsidenten der Union.

In Nordrhein-Westfalen stehen die Zeichen nun auf Rot-Rot-Grün. Die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, Renate Künast, forderte die SPD auf, die Möglichkeit eines Bündnisses mit Grünen und Linkspartei ernsthaft zu prüfen. Erst durch ihre Partei seien die Sozialdemokraten in die Lage versetzt worden, in einer Dreierkoalition die Ministerpräsidentin zu stellen. "Die SPD darf jetzt keine Showgespräche führen, nur um die Zeit bis zu einer Großen Koalition zu überbrücken", sagte sie der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Zugleich rief Künast die Linkspartei zur Klärung auf, "ob sie überhaupt bereit ist, Verantwortung in einer Regierung zu übernehmen und sich der Realität zu stellen". Bei den Linken war eine Regierungsbeteiligung in der Vergangenheit umstritten.

Der nordrhein-westfälische Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) warb unterdessen für eine Große Koalition unter Führung von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU). "Wir müssen alles tun, damit Jürgen Rüttgers in der Staatskanzlei bleibt", sagte er "Focus". Unter Berufung auf "Insider" berichtet das Magazin, Laumann stehe ebenso wie NRW-Integrationsminister Armin Laschet (CDU) und CDU-Generalsekretär Andreas Krautscheid als möglicher Rüttgers-Nachfolgekandidat bereit.