Auf Einladung der kirchlichen Militärseelsorge diskutieren Soldaten und ihre Angehörigen mit Familienministerin Kristina Schröder.

München. Während zu Margot Käßmanns Podiumsdiskussion über „Frauen und Macht“ die Massen strömen, entsteht am Donnerstagnachmittag in einer Turnhalle der Münchner Innenstadt eine weitaus kleinere, aber sehr ernste Debatte zu einem Thema, das man nicht unbedingt im Programm des 2. Ökumenischen Kirchentags erwartet. Auf Einladung der kirchlichen Militärseelsorge diskutieren Soldaten und ihre Angehörigen mit Familienministerin Kristina Schröder (CDU) über Sorgen und Probleme von Soldatenfamilien. In eindringlichen 90 Minuten wird deutlich, dass sich Soldaten dringend mehr gesellschaftliche Unterstützung wünschen. Und dass deren Familien durch die zunehmende Zahl von Auslandseinsätzen, die immer gefährlicher werden, vor enormen psychischen und lebenspraktischen Problemen stehen.

Der evangelische Militärseelsorger Wolfram Schmidt etwa berichtet, dass es noch immer schwierig ist, Unterstützung für Angehörige von gefallenen Soldaten zu erhalten: „Es darf nicht sein, dass der Kurantrag einer trauernden Mutter zwei Mal abgelehnt wird.“ Oft fehle es zudem an Geldern und Personal für genügend Seelsorger und andere Ansprechpartner. Ein Soldat aber, der über Monate in Afghanistan im Einsatz ist und fragt, ob ihn nach seiner Heimkehr sein einjähriger Sohn noch wiedererkennt, brauche dringend einen geschulten Zuhörer. Ministerin Schröder sagt zu, sich diesen Fragen intensiv zu stellen.

Eindringliche Praxiserfahrung bringt Doris-Marie Werner-Paschem ein. Ihr Mann war in den vergangenen Jahren immer wieder im Auslandseinsatz, nach Abordnungen nach Regensburg wird er nun zum Sommer nach Straßburg versetzt. „Ich kann mit drei Kindern da nicht immer hinterher ziehen. Die Folge unserer Fernbeziehung ist schon eine gewisse Entfremdung“, stellt sie fest.

Hier antwortet Schröder, dass sie bis Jahresende gemeinsam mit dem Verteidigungsministerium ein Konzept vorlegen wolle, um die Vereinbarkeit von Soldatenberuf und Familienleben zu verbessern. „Hilfreich könnten hier schon kleine Details wie Bundeswehrkitas für Kinderbetreuung oder das Einrichten von Pendlerwohnungen in Kasernen sein.“ Zugleich hält sie fest, dass der Soldatenberuf immer mit besonderen Belastungen für Familien verbunden bleibe. „Das können wir nicht wegdiskutieren.“

Still wird es im Saal, als eine Jugendliche vom Tod ihres Vaters berichtet. „Er war wie meine Mutter Soldat. Und als er starb, hat niemand an uns Kinder gedacht. Ich stand ganz alleine da. Hilfen gab es nur für meine Mutter.“ Auch in der Schule, bei Klassenkameraden oder Lehrern habe sie keine Unterstützung gefunden. Selbstkritisch räumt ihre Mutter ein, in dieser schweren Zeit zu wenig an die Kinder gedacht zu haben.

Die Familienministerin schließt hier die Forderung an, sich endlich intensiver um traumatisierte Angehörige zu kümmern. „Da hat Deutschland Nachholbedarf.“ Martina Müller von der katholischen Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung schließlich beschreibt Probleme, die in der Praxis aus einer fehlenden Verzahnung von Bundeswehr- und sonstigen Hilfsangeboten bestehen. „Es ist nachvollziehbar, wenn Soldaten nicht wollen, dass der Arbeitgeber etwa von Problemen in der Partnerschaft erfährt, die durch den Auslandseinsatz entstanden sind.“ Hier müsse der Kontakt zu Hilfsangeboten außerhalb der Bundeswehr hergestellt werden. Allerdings fehle dann allzu oft dort das Verständnis für die spezifischen Sorgen und Nöte von Soldatenfamilien.