In Berlin verzögerte sich ein Neonazi-Aufmarsch wegen Sitzblockaden um mehrere Stunden, Zusammenstöße mit Gegendemonstranten blieben aus.

Berlin. "Darf ich ihnen helfen?“, fragt der Polizist noch freundlich, dann greift er Wolfgang Thierse am Arm und zieht ihn von der Straße. Selbst der Vizepräsident des Bundestags konnte mit seiner Sitzblockade nicht verhindern, dass 600 Neonazis am 1. Mai durch Berlin marschierten. Aber die NPD-Anhänger mussten unter dem geballten Protest tausender friedlicher Gegendemonstranten ihre Pläne kräftig stutzen.

Mehrere tausend Menschen haben am Sonnabend bundesweit gegen Aufmärsche von Rechtsextremen demonstriert. In Berlin verzögerte sich eine Demonstration von Neonazis wegen der Sitzblockaden um mehrere Stunden, Zusammenstöße mit Gegendemonstranten blieben aber aus. Für den Abend stellte sich die Polizei im Stadtteil Kreuzberg auf erneute Krawalle von Linksautonomen ein.

Den Veranstaltern zufolge beteiligten sich rund 10.000 Menschen an den Gegenprotesten im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg.

Die Berliner Demonstration der Rechten wurde am späten Nachmittag offiziell beendet, nachdem die Teilnehmer überraschend zum Ausgangspunkt zurückgekehrt waren. Der Grund dafür waren nach Polizeiangaben vermummte Gegendemonstranten, die sich auf den Dächern postiert hatten. Offenbar wurde befürchtet, sie könnten die Rechten mit Steinen bewerfen.

Zwischenzeitlich hatten rund 250 Rechtsextreme versucht, sich im Westen Berlins am Kurfürstendamm zu einem spontanen Aufzug zu versammeln. Die Polizei nahm sie wegen Verstoßes gegen das Versammlungsverbot vorübergehend fest.

Über den Blockade-Aufruf des Bündnisses „1. Mai nazifrei“ hatte es im Vorfeld des Berliner Aufmarsches lange Diskussionen gegeben. Die Polizei machte klar: Sie muss den Neonazis zu ihrem Recht einer angemeldeten Demonstration verhelfen. Doch gegen tausende Nazi-Gegnern wollte die Polizei nach aufreibenden Stunden aus Sicherheitsgründen nicht mehr vorgehen.


Den (Teil)-Erfolg des linken Bündnisses haben sich die Rechtsextremen aber auch selbst eingebrockt. Statt der erwarteten 3000 Neonazis kamen nur 600 und die ließen auch noch Stunden auf sich warten – und gaben so den Gegendemonstranten genügend Zeit, die Straßen rund um die Route dicht zu machen. Dass am Sonnabend zeitgleich auch Rechtsextreme in Würzburg, Schweinfurt, Erfurt, Zwickau und Rostock auf die Straße gingen und in Berlin 250 noch einen Ausflug zum Kurfürstendamm machten, zeigt, dass die Szene entweder "kopflos" ist – oder dass sich die NPD-Anhänger gewaltig überschätzt haben.

Die Feiern zur Walpurgisnacht verliefen dieses Jahr überwiegend friedlich. Durch vereinzelte Flaschenwürfe nach einem Fest im Stadtteil Friedrichshain seien zwölf Beamte leicht verletzt worden, sagte ein Polizeisprecher. Es habe 34 vorläufige Festnahmen gegeben. Insgesamt jedoch seien die Feiern weitgehend ruhig verlaufen.