Sie soll am Sonntag in Kraft treten. Merkel, Putin, Poroschenko und Hollande verhandelten 17 Stunden lang

Minsk. Es war ein Gipfel, der die Teilnehmer an die Grenze der physischen Belastbarkeit brachte. Doch um 10.11 Uhr am Donnerstag, nach 17-stündigen Verhandlungen, kam endlich die Nachricht, die Europa aufatmen lässt: Von Sonntag an sollen in der Ukraine die Waffen schweigen.

Darauf verständigten sich Kreml-Chef Wladimir Putin, der ukrainische Präsident Petro Poroschenko, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatspräsident François Hollande in der weißrussischen Hauptstadt Minsk. Auch die prorussischen Separatistenführer stimmten zu, obwohl sie noch kurz vor Schluss das Abkommen zu verhindern versuchten. Putin persönlich habe sie gedrängt einzulenken, sagte Merkel.

Die Waffenruhe wird am Sonntag um 0 Uhr Ortszeit in Kraft treten. Nach Poroschenkos Angaben sollen zwei Tage danach sowohl das ukrainische Militär wie auch die prorussischen Separatisten ihre schweren Waffen aus den Kampfgebieten abziehen. Geplant ist die Einrichtung eines 50 Kilometer breiten, entmilitarisierten Korridors. Außerdem werden binnen der kommenden 19 Tage alle Gefangenen ausgetauscht. Bereits in Kürze soll die ukrainische Pilotin Nadeschda Sawtschenko freigelassen werden. Zudem, so Poroschenko, sei vereinbart worden, dass alle ausländischen Militärs ukrainisches Hoheitsgebiet zu verlassen hätten. Bis zum Jahresende solle die Ukraine die vollständige Kontrolle über die Grenze zu Russland übernehmen. Derzeit werden weite Teile des Grenzverlaufs von Rebellen beherrscht.

Das russische Präsidialamt bestätigte, dass in der Abschlusserklärung die territoriale Integrität der Ukraine garantiert werde. Putin sagte: „Das war nicht die beste Nacht meines Lebens. Aber der Morgen erscheint mir gut, weil wir uns trotz aller Schwierigkeiten im Verhandlungsprozess auf das Wichtigste einigen konnten.“

Merkel warnte vor zu großen Erwartungen. „Wir haben keine Illusion: Es ist noch sehr, sehr viel Arbeit notwendig“, sagte sie. Es gebe aber einen „Hoffnungsschimmer“ und eine reelle Chance, dass sich die Dinge zum Besseren wenden. Beobachter wiesen darauf hin, dass beide Seiten bis zum Beginn der Waffenruhe versuchen könnten, weitere Gebiete unter ihre Kontrolle zu bringen. Ein Militärsprecher in Kiew sagte, über Nacht seien schwere Waffen aus Russland im Osten der Ukraine eingetroffen. Rund 50 Panzer und 40 Raketensysteme hätten die Grenze passiert.

In Deutschland sprachen Politiker aller Bundestagsparteien der Kanzlerin für ihren Verhandlungseinsatz Respekt aus. „Sie hat deeskaliert, sie war eine Stimme der Vernunft“, sagte der Vizefraktionschef der Linken, Dietmar Bartsch. Die Finanzmärkte reagierten erleichtert auf die Minsker Einigung. Der Deutsche Aktienindex Dax legte 1,4 Prozent auf über 10.900 Zähler zu. Auch Russlands Aktienbörse lag mit sechs Prozent Aufschlag deutlich im Plus.