Nach dem Wahlsieg will der künftige Regierungschef Alexis Tsipras in Verhandlungen mit den internationalen Kreditgebern über einen Schuldenschnitt treten. Linksbündnis muss sich nun einen Partner zum Regieren suchen.

Athen. Nach dem klaren Sieg seines Parteienbündnisses Syriza bei den Parlamentswahlen hat der künftige Regierungschef Alexis Tsipras den Griechen ein Ende der „desaströsen Sparpolitik“ versprochen. Er kündigte zugleich Verhandlungen mit den internationalen Kreditgebern über einen Schuldenschnitt an. Laut am Montag nach Auszählung fast aller Stimmen veröffentlichten Hochrechnungen verfehlte Syriza knapp die absolute Mehrheit und muss sich einen Partner suchen.

Den Hochrechnungen zufolge errang das Linksbündnis 149 der 300 Sitze im neuen Parlament, damit fehlen zwei Mandate für die absolute Mehrheit. Allerdings galt als sicher, dass Tsipras Partner zum Regieren findet. Damit übernimmt der 40-Jährige das Amt des Ministerpräsidenten von Antonis Samaras, dessen konservative Nea Dimokratia nur 76 Sitze im neuen Parlament erringen konnte.

Tsipras wird damit der jüngste Regierungschef des Landes seit 150 Jahren. Noch am Montag will er mit Präsident Karolos Papoulias über die Regierungsbildung sprechen. Als mögliche Partner gelten die proeuropäische Partei To Potami oder die nationalistische Partei der Unabhängigen Griechen. Sie kamen den Hochrechnungen zufolge auf 17 beziehungsweise 13 Mandate.

Seinen Wahlsieg feierte Tsipras vor tausenden Anhängern in Athen. „Das griechische Volk hat Geschichte geschrieben“, rief der den jubelnden Menschen zu. Die Wähler hätten die internationale Gläubiger-Troika aus EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) sowie ihre Kontrolle über das Land für „beendet“ erklärt. Er werde mit den Gläubigern „neue, machbare Lösung“ aushandeln.

Tsipras' Pläne dürften das Hauptthema beim Treffen der Euro-Finanzminister am Montag in Brüssel sein. Das hochverschuldete Griechenland erhielt seit dem Beginn der Krise im Jahr 2010 im Zuge von zwei internationalen Hilfsprogrammen 240 Milliarden Euro – und wurde so vor dem Staatsbankrott gerettet. Die Troika verlangte im Gegenzug rigide Sparmaßnahmen, die die Bevölkerung hart trafen. Unter anderem stieg die Arbeitslosigkeit auf 25 Prozent.

Samaras räumte seine Niederlage ein. „Das griechische Volk hat gesprochen und wir akzeptieren seine Entscheidung“, sagte der konservative Politiker, der für viele Griechen die Symbolfigur für die Sparpolitik geworden ist.

In Deutschland gab es ein unterschiedliches Echo auf den Wahlausgang. Grünen-Chefin Simone Peter sagte dem „Hamburger Abendblatt“, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schade mit ihrer Sparpolitik Europa. „Statt über einen Austritt aus dem Euro zu schwadronieren, muss sich die Bundesregierung für eine Umschuldung in Griechenland einsetzen.“ Die Union warnte dagegen die neue Regierung in Athen vor der Aufgabe des Sparkurses. Fraktionsvize Hans-Peter Friedrich sagte der „Bild“-Zeitung: „Die Griechen haben das Recht, zu wählen, wen sie wollen. Wir haben das Recht, die griechischen Schulden nicht weiter finanzieren zu müssen.“

Die Linke begrüßte ihrerseits das Wahlergebnis aus Athen und sprach von einem „Hoffnungszeichen für einen Neuanfang in Europa“. Auch die spanische Partei Podemos feierte den Wahlausgang als „Beginn der Hoffnung und Ende der Angst“. Griechenland habe nun wieder einen Regierungschef – „und nicht mehr einen Handlanger von Angela Merkel“, sagte Parteichef Pablo Iglesias dem Fernsehsender Sexta.

Dagegen warnte der britische Regierungschef David Cameron auf dem Internet-Kurznachrichtendienst Twitter: „Die griechischen Wahlen werden die wirtschaftliche Ungewissheit in Europa vergrößern.“ An den asiatischen Finanzmärkten wurde dies offenbar ähnlich gesehen: Der Euro fiel in Tokio kurzzeitig auf seinen tiefsten Stand seit mehr als elf Jahren. Im Vorfeld der Wahl war unter anderem über einen Austritt Griechenlands aus dem Euro („Grexit“) im Falle eines Syriza-Wahlsieges spekuliert worden. Tsipras hat aber immer wieder versichert, dass er den Euro behalten wolle.