Spanien bereitet die Ablösung von König Juan Carlos durch Kronprinz Felipe vor. Für die Abdankung des Monarchen fehlt noch eine rechtliche Regelung. Die Regierung will dies im Schnellverfahren ändern.

Madrid. Spaniens Regierung leitet das rechtliche Verfahren zur Krönung von Thronfolger Felipe zum neuen König ein. Der Monarch Juan Carlos hatte nach fast 40 Jahren überraschend seinen Verzicht auf den Thron erklärt. Ministerpräsident Mariano Rajoy berief sein Kabinett für Dienstag zu einer Sondersitzung ein. Die Regierung will einen Gesetzentwurf zur Regelung der Abdankung des Königs verabschieden und dem Parlament vorlegen. In der Verfassung fehlt eine solche Regelung.

König Juan Carlos hatte am Montag erklärt, er wolle einer jüngeren Generation den Weg freimachen. „Eine neue Generation verlangt aus gerechtem Grund die Hauptrolle“, sagte der gesundheitlich angeschlagene 76-jährige Monarch. Regierungen und Königshäuser in Europa lobten die politische Rolle, die Juan Carlos nach der Franco-Diktatur eingenommen hatte.

Wann der 46 Jahre alte Felipe, der jüngste Sohn von Juan Carlos und Ehefrau Sofía, den Thron besteigen wird, ist noch unklar. Wie aus dem Königshaus verlautete, wurde erwartet, dass die Verabschiedung der gesetzlichen Regelung über eine Abdankung etwa drei bis sechs Wochen dauern würde.

Juan Carlos ist seit 1975 Staatsoberhaupt und leitete nach der Franco-Diktatur den Übergang zur Demokratie ein. Er hat seit langem gesundheitliche Probleme und musste mehrere Hüftoperationen über sich ergehen lassen. Außerdem hatte zuletzt eine Korruptionsaffäre dem Ruf des Palastes zugesetzt. Die Entscheidung zur Abdankung traf der König nach Medienberichten bereits im Januar.

Die Ankündigung kam für die Spanier dennoch überraschend. Der Monarch hatte eine Abdankung bislang strikt ausgeschlossen. Er wählte den Zeitpunkt so, dass sein Thronverzicht nicht als ein Anzeichen von Schwäche ausgelegt werden konnte: Sein Gesundheitszustand hatte sich zuletzt verbessert; die Forderungen in der Öffentlichkeit nach einer Abdankung waren verstummt.

Ministerpräsident Mariano Rajoy sprach von persönlichen Gründen, die der König für den Schritt angeführt habe. Aus dem Königshaus verlautete dagegen, Juan Carlos danke aus politischen Gründen ab.

Sein Sohn, der mit Prinzessin Letizia (41) zwei Töchter hat, wird nun König Felipe VI. Er ist nach den Worten Rajoys bestens vorbereitet für den Thron. Felipe hat in Madrid Jura studiert und in den USA einen Master in Internationalen Beziehungen gemacht. Er ist auch Offizier des Heeres, der Luftwaffe und der Marine. Juan Carlos sagte, Felipe habe die „Reife, die Vorbereitung und das nötige Verantwortungsbewusstsein, um das Amt des Staatsoberhauptes zu übernehmen und eine neue Etappe der Hoffnung einzuleiten“.

Gut gelaunte Ansprache von Juan Carlos

Juan Carlos zeigte sich kurze Zeit nach seiner Ansprache gut gelaunt und wie erleichtert. Beim Anblick von Journalisten scherzte er: „Ihr habt Euch noch nie so sehr für mich interessiert wie heute.“

Die großen Parteien der Konservativen und der Sozialisten würdigten die Verdienste des Monarchen. „Er ist das beste Symbol unseres Zusammenlebens in Frieden und Freiheit“, sagte Rajoy. Der König sei nach dem Ende der Franco-Diktatur (1939-1975) der wichtigste demokratische Antreiber gewesen.

Die Vereinte Linke sowie mehrere Parteien in Katalonien und im Baskenland verlangten dagegen ein Referendum über die Monarchie. Allein in Madrid kamen nach Medienberichten etwa 20.000 Menschen zu einer antimonarchistischen Kundgebungen zusammen. In Barcelona und anderen Städten des Landes gab es ähnliche Demonstrationen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hob hervor, der König habe eine sehr wichtige Rolle für den Übergang Spaniens in eine Demokratie gespielt. Ähnlich äußerten sich der französische Präsident François Hollande und der britische Premierminister David Cameron.

Damit Felipe zum neuen König gekrönt werden kann, muss eine Nachfolge-Regelung vom Parlament verabschiedet werden. Eine Abdankung des Monarchen ist im spanischen Rechtssystem bislang nicht geregelt. In der Verfassung wird dazu auf ein gesondertes Gesetz verwiesen, das aber bisher nicht verabschiedet wurde. „Ich hoffe, dass das Parlament in kurzer Frist den Kronprinzen zum neuen König ernennen kann“, sagte Regierungschef Rajoy.

Das Ansehen von Juan Carlos hatte zuletzt gelitten. Ein Jagdausflug ins afrikanische Botsuana empörte 2012 die Spanier, die in einer großen Wirtschaftskrise steckten. Zudem erschütterte eine Korruptionsaffäre den Palast: Königstochter Cristina steht im Verdacht, in einen Finanzskandal um ihren Ehemann Iñaki Urdangarín verwickelt zu sein.

Abendblatt.de hält Sie über die Vorgänge im spanischen Königshaus auf dem Laufenden:

+++ „El Mundo“: Spaniens künftiger König muss Monarchie neu erfinden +++

8.54 Uhr: Die Abdankung des spanischen Königs kommentiert die rechtsliberale Madrider Zeitung „El Mundo“ wie folgt:

„Als Ministerpräsident Mariano Rajoy den Spaniern mitteilte, dass der Monarch zugunsten von Kronprinz Felipe auf den Thron verzichtet, ging für das Land eine Ära zu Ende. Spanien braucht nun einen König, der die Reformen anstößt, die das Land benötigt. Felipe wird dabei vor einer schweren Aufgabe stehen.

Die Mehrheit der jungen Leute hält die Monarchie für ein veraltetes System. Es wird nicht nur die Krone infrage gestellt, sondern auch das gesamte politische Modell. Der künftige König steht vor einer ähnlichen Situation wie sein Vater 1975. Während Juan Carlos eine parlamentarische Monarchie einrichten musste, wird Felipe die Monarchie neu erfinden müssen.“

+++ Demos für Abschaffung der Monarchie +++

6.46 Uhr: Nach der Abdankung von König Juan Carlos haben am Montagabend Tausende Spanier in Madrid und anderen Städten des Landes gegen die Monarchie demonstriert. Sie forderten eine Volksabstimmung über den Fortbestand des Königshauses. Die Monarchie hat in den vergangenen Jahren in Spanien wegen zahlreicher Korruptionsskandale und anderer Fehltritte an Ansehen verloren. Mehrere linke Parteien forderten eine sofortige Volksabstimmung über die Abschaffung der Monarchie.

+++ Spanische Zeitungen bringen Sonderausgaben +++

6.39 Uhr: Die überraschende Rücktrittsankündigung des spanischen Königs ist vielen Landeszeitungen eine Sonderausgabe wert gewesen. Der Monarch, „der den Weg zur Demokratie ebnete“, reiche die Krone für eine weitere Modernisierung weiter, kommentierte die Mitte-links-Zeitung „El País“.

Zugleich äußerte sie hohe Erwartungen an Thronfolger Felipe: Der Sohn von Juan Carlos und Königin Sofia müsse nun „das Vertrauen der Spanier gewinnen“, indem er auf die „Qualitäten seines Vaters“ baue. Felipe müsse die Modernisierung erleichtern, die das Land „dringend braucht“. Wie alle anderen Zeitungen auch druckte das Blatt die Erklärung des 76-jährigen Monarchen in ganzer Länge, mit der Juan Carlos am Montag im Fernsehen seine Abdankung verkündet hatte.

Die konservative Tageszeitung „ABC“ widmete ihre gesamte Ausgabe von 48 Seiten dem Thronwechsel. Der König habe in seiner „historischen Abschiedsrede“ versichert, dass er immer das „Wohl der Spanier“ angestrebt habe, hieß es in einem Kommentar auf der Titelseite. Ein Foto zeigte Juan Carlos und Felipe in Militäruniform.

„Danke, Juan Carlos“, schrieb die konservative Zeitung „La Razon“ auf der ersten von ebenfalls 48 Sonderseiten. Die Rückseite ziert ein Foto von des 46-jährigen Felipe, die Überschrift lautet: „Felipe VI., die Zukunft ist Euer.“ Die Mitte-rechts-Zeitung „El Mundo“ äußerte die Erwartung, dass der neue König die Monarchie „wiederbeleben“ müsse. 15 Seiten der Sonderausgabe waren dem Thema gewidmet.

+++ Regierung berät über weiteres Verfahren +++

6.27 Uhr: Die Regierung in Madrid berät heute bei einer außerordentlichen Sitzung über das weitere Verfahren zum Thronwechsel. Der Ministerrat soll eine von der Verfassung vorgeschriebene Gesetzesvorlage für den Übergang der spanischen Krone auf den 46-jährigen Kronprinzen Felipe erarbeiten. Abgeordnetenhaus und Senat müssen den Gesetzentwurf anschließend verabschieden.

Die Abdankung des 76-jährigen Monarchen tritt am Tag der Veröffentlichung des Gesetzes im Amtsblatt in Kraft. Danach kann der Kronprinz zum König und Staatsoberhaupt proklamiert und vor dem Parlament vereidigt werden.