In Kairo und auf der Sinai-Halbinsel dauern gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei an. US-Vize-Außenminister trifft Ägyptens provisorische Regierung.

Kairo. Das Tauziehen um die politische Macht in Ägypten hält an: Anhänger des vom Militär gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi gingen in der Nacht zum Dienstag erneut in der Hauptstadt Kairo auf die Straße.

Sie blockierten die Brücke des 6. Oktober, eine der wichtigsten Brücken Kairos. Die Polizei setzte Tränengas ein, wie ein Reporter berichtete. Die Demonstranten warfen Steine. Zuvor hatten sich zehntausende Mursi-Anhänger vor der Rabaa-al-Adawija-Moschee versammelt.

Die Proteste gegen die Absetzung von Mursi hatten bereitas im Verlauf des Montags mit Ausschreitungen begonnen. Anhänger der Muslimbrüder blockierten eine wichtige Nilbrücke und warfen Steine auf die vorrückende Polizei, meldete die Zeitung „Al-Ahram“ auf ihrer Website. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein.

Auch an anderen Orten in Kairo gab es Zusammenstöße. Landesweit hatten sich bereits im Tagesverlauf Zehntausende Mursi-Anhänger zu Massenprotesten gegen die Übergangsregierung versammelt. Auf der Sinai-Halbinsel dauern die Angriffe auf Armee und Polizei an.

In der Nacht zum Montag attackierten Milizionäre mit einer Panzerfaust einen Bus, in dem zivile Arbeiter einer Zementfabrik saßen, die zum Firmenimperium der Armee gehört. Drei Menschen wurden nach Krankenhausangaben getötet und 15 weitere verletzt.

US-Außenminister trifft Regierungsspitze

Die Aufforderung von US-Vize-Außenminister William Burns, die aktuelle Staatsführung und die Anhänger Mursis sollten sich auf ein gemeinsames Vorgehen verständigen, verhallte zunächst ohne erkennbare Wirkungen.

Burns hatte am Montag die Spitzen der Übergangsregierung in Kairo getroffen, unter ihnen Ministerpräsident Hasem al-Beblawi sowie Militärchef Abdel Fattah al-Sisi, den eigentlich starken Mann im ägyptischen Machtgefüge.

Burns, der bis Dienstag in der Nil-Metropole bleiben wollte, ist der erste hochrangige amerikanische und auch westliche Regierungsvertreter, der das Land nach dem Umsturz besucht. Die USA verlangen – ebenso wie Deutschland – die Freilassung des vom Militär abgesetzten ehemaligen Präsidenten. Dieser wird an einem unbekannten Ort und ohne formelle Anklage festgehalten.

Allerdings wollten sich die USA nicht auf die Seite einer Partei schlagen, sagte Burns am Montag in Kairo. Es sei Sache des ägyptischen Volkes und nicht der USA, das Land zu einer zivilen Führung zu steuern. „Ich bin nicht mit amerikanischen Lösungen gekommen, auch nicht, um irgendjemandem Vorträge zu halten“, versicherte Burns.

Bei Putsch friert USA Gelder ein

Die USA haben bislang nicht entschieden, ob sie Mursis Absetzung durch das Militär als Putsch ansehen. Diese Bewertung hätte ein Einfrieren von militärischer und wirtschaftlicher US-Hilfe von 1,5 Milliarden Dollar (1,15 Milliarden Euro) zur Folge. 1,3 Milliarden Dollar davon sind für das Militär bestimmt.

Am Wochenende hatte die ägyptische Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Mursi wegen des Vorwurfs der Spionage aufgenommen. Zugleich wurden die Vermögen von 14 führenden Kadern der Muslimbruderschaft, aus der Mursi stammt, eingefroren.

Das ägyptische Militär hatte Mursi am 3. Juli, etwa ein Jahr nach dessen Amtsantritt, gestürzt. Die neue ägyptische Führung arbeitet derzeit an einem Plan für die Übergangszeit bis hin zu Neuwahlen. Ministerpräsident Al-Beblawi will am Dienstag oder Mittwoch seine vollständige Regierungsmannschaft vorstellen. Die Parlamentswahl hat Übergangspräsident Mansur für Anfang 2014 angekündigt.