Aus Ärger über neue Sparmaßnahmen gehen die Griechen erneut zu Tausenden auf die Straße. Die größten Proteste seit einem halben Jahr.

Berlin/Athen. Die Debatte über einen neuerlichen Schuldenschnitt für Griechenland flammt wieder auf. „Wenn das Land in der Eurozone bleibt, wird ein weiterer Schuldenerlass folgen müssen, bei einem Austritt erst recht“, erklärte der künftige Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Clemens Fuest. Die Wirtschaftslage des Landes entwickele sich schlechter als erwartet.

Auf neuerliche Sparpläne der Regierung in Athen antworteten die Griechen mit einem Generalstreik – es gab die größten Proteste seit mehr als einem halben Jahr.

Der Prüfbericht der Troika aus Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Kommission wird nach seiner Einschätzung Fuests ernüchternd ausfallen: „Von den vereinbarten Reformmaßnahmen ist der größte Teil nicht umgesetzt worden.“

In Athen und am Finanzmarkt waren Hoffnungen aufgekommen, die Europäische Zentralbank(EZB) könnte nach ihrer Ankündigung neuer Staatsanleihenkäufe auch Griechenland zur Seite springen.

Die EZB machte klar, dass sie die Beteiligung an einem eventuellen weiteren Schuldenschnitt ablehnt. „Der mögliche zusätzliche externe Finanzierungsbedarf kann nur durch die Mitgliedsstaaten der Eurozone geschlossen werden“, sagte der deutsche EZB-Direktor Jörg Asmussen der Tageszeitung „Die Welt“ (Mittwoch).

„Die EZB könnte sich an einer solchen Umschuldung auch gar nicht beteiligen, da dies eine verbotene monetäre Staatsfinanzierung wäre“, erklärte Asmussen weiter.

Ginge es nach der Politik, sollte die Zentralbank zumindest auf einen Teil ihrer Forderungen gegenüber Athen verzichten. Auch Christine Lagarde, die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), hatte den öffentlichen Gläubigern nahegelegt, auf Forderungen zu verzichten.

Analysten schätzen, dass die EZB griechische Papiere im Volumen von etwa 40 Milliarden Euro hält. Die Titel wurden gekauft, um das erste Hilfspaket für Athen zu flankieren.

Bereits beim ersten griechischen Schuldenschnitt im März blieb die EZB ungeschoren. Damals hatten die privaten Gläubiger des gebeutelten Eurolandes auf den Löwenanteil ihrer Forderungen verzichtet. Die EZB hatte im Vorfeld die Wertpapierkennnummern ihrer Papiere ändern lassen, um zu verhindern, dass der griechische Staat Zugriff darauf bekommt.

Griechenland hängt seit mehr als zwei Jahren am internationalen Finanztropf und hat schon zwei Hilfsprogramme zugesagt bekommen. Die im Gegenzug verlangten Einsparungen verschärfen die jahrelange Rezession.

Auch Commerzbank-Chef Martin Blessing geht davon aus, dass ein weiterer Schuldenerlass für Griechenland notwendig wird. „Die Lage in Griechenland ist noch weit von einer Besserung entfernt“, hatte Blessing kürzlich in Frankfurt gesagt. „Wir werden am Schluss nochmal einen Schuldenschnitt für Griechenland sehen, an dem sich alle Gläubiger beteiligen werden müssen.“

Fuest stellt eine düstere Prognose: „Die Krisenstaaten in der Eurozone werden mindestens fünf Jahre brauchen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu Deutschland merklich zu verbessern.“ Mit Austritten aus der Eurozone rechnet der renommierte Finanzexperte und Regierungsberater aber nicht.

Weiter in der Debatte ist der Kurs der den EZB. Deutsche-Bank-Aufsichtsratschef Paul Achleitner sagte dem „Handelsblatt“ (Mittwoch): „Die EZB kann als Käufer nicht die langfristige Lösung sein.“ Auch das billige Geld der EZB für die Banken sei keine nachhaltige Antwort: „Die EZB-Gelder geben uns nur Zeit für die nötige Anpassung.“