Die Wut über islamfeindliche Äußerungen aus dem Westen wird nicht schwächer. In vielen muslimischen Ländern gehen Zehntausende auf die Straßen.

Islamabad. Zehntausende Muslime haben am Freitag in der islamischen Welt gegen ein Schmähvideo aus den USA und derbe Mohammed-Karikaturen eines französischen Satireblatts protestiert. In Pakistan kam es trotz scharfer Sicherheitsvorkehrungen nach den Freitagsgebeten zu Unruhen mit mindestens zwei Toten und vielen Verletzten. In der Hafenstadt Karachi starb nach Informationen des Senders DawnNews ein Polizist. Tausende Demonstranten hatten demnach dort versucht, zum US-Konsulat zu marschieren und zahlreiche Geschäfte in Brand gesteckt. Zuvor war in Peshawar ein Mitarbeiter eines Fernsehsenders getötet worden. Auch in vielen anderen Ländern gab es Proteste.

In der pakistanischen Hauptstadt Islamabad durchbrachen nach Medienberichten Hunderte aufgebrachte Muslime mehrere Absperrungen rund um das Regierungsviertel. In dem Bereich liegen in einem zusätzlich gesicherten Areal auch westliche Botschaften. Im ostpakistanischen Lahore lieferten sich Demonstranten in der Nähe des US-Konsulats ebenfalls Straßenschlachten mit Sicherheitskräften. Innenminister Rehman Malik erklärte, die Armee stünde zum Eingreifen bereit. Die Kommunikation im Land war schwierig, weil die Regierung am Freitag in 15 großen Städten zeitweise den Mobilfunkservice ausgesetzt hatte.

Die USA bemühten sich unterdessen um Deeskalation. Präsident Barack Obama und Außenministerin Hillary Clinton distanzierten im pakistanischen Fernsehen von dem Schmähvideo. In dem von sieben Sendern ausgestrahlten Beitrag sagte Obama, die Vereinigten Staaten seien ein Land, das seit seiner Gründung alle Glaubensrichtungen akzeptiere. Clinton betonte, die USA hätten mit dem Video nichts zu tun. Für die TV-Sendezeit gab die US-Regierung umgerechnet mehr als 50 000 Euro aus. In Islamabad erklärte der amtierende US-Botschafter, die Produktion des Schmähvideos beruhe auf der „zutiefst taktlosen Entscheidung eines Einzelnen, um Hass zu schüren“.

Pakistans Premierminister Raja Pervez Ashraf hatte den Freitag zum landesweiten Feiertag zu Ehren des Propheten Mohammed erklärt. Zahlreiche politische und religiöse Gruppen hatten zuvor zu Protesten nach den Freitagsgebeten aufgerufen. Das Schmähvideo aus den USA, in dem der Prophet Mohammed verunglimpft wird, sei die „schlimmste Art von Bigotterie“, sagte Ashraf. Gleichzeitig forderte er die internationale Gemeinschaft dazu auf, Wege zu finden, um Äußerungen zu verbieten, die „Hass schüren und die Saat der Zwietracht säen“.

Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad warf dem Westen Doppelmoral vor. „Der Westen behauptet, es sei Teil der Meinungsfreiheit, den Propheten Mohammed zu beleidigen. Aber warum unterdrücken sie dann wegen einer einfachen historischen Frage Geschichtsforscher und bedrohen eine ganze Nation deswegen?“, sagte Ahmadinedschad am Freitag in Teheran.

Zu Protesten kam es auch in vielen anderen Ländern. Im indischen Teil Kaschmirs gingen zahlreiche Menschen auf die Straße, in der Regionalhauptstadt Srinagar kam es laut Medienberichten zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. In Neu Delhi blieb am Freitag die US-Botschaft aus Sicherheitsgründen geschlossen.

In Malaysia zogen nach Polizeischätzungen etwa 5000 Menschen vor der US-Botschaft und einer nahe gelegenen Moschee auf. In Indonesien waren gepanzerte Polizeifahrzeuge vor der US-Botschaft aufgefahren. In Kabul protestierten Hunderte Afghanen friedlich.

Die radikale Salafisten-Bewegung konnte in Ägypten nicht die Massen für ihre Proteste gegen die französischen Mohammed-Karikaturen mobilisieren. Ein kleiner Trupp von etwa 70 Männern sei am Freitag zur französischen Botschaft in Kairo marschiert, berichtete ein dpa-Reporter. Groß war der Andrang dagegen bei einer Protestaktion der libanesischen Schiiten-Bewegung Hisbollah. Tausende Anhängern marschierten unter dem Motto „Wir werden zu diesen Beleidigungen der Religion nicht schweigen“, durch die libanesische Stadt Baalbeck.

Ein Gericht im US-Bundesstaat Kalifornien lehnte unterdessen den Antrag einer Schauspielerin auf eine Sperrung des Schmähvideos auf YouTube ab. Die Klägerin habe mit ihrem Antrag kaum Aussicht auf Erfolg, zitierte die „Los Angeles Times“ am Donnerstag (Ortszeit) aus dem Urteil. Klägerin Cindy Lee Garcia, die in dem Film „Unschuld der Muslime“ mitspielt, wollte mit einer einstweiligen Verfügung die sofortige Entfernung des Films von der Internet-Plattform erwirken.