Paris reagiert auf Provokation des Satireblatts „Charlie Hebdo” und hält Vertretungen in der islamischen Welt geschlossen.

Paris/Berlin. Derbe Mohammed-Karikaturen in einem Pariser Satireblatt nähren die Furcht vor neuenantiwestlichen Unruhen in der islamischen Welt. Zahlreiche französische Einrichtungen im Ausland sollen vor den Freitagsgebeten sicherheitshalber geschlossen werden, nachdem die Zeitschrift "Charlie Hebdo" gestern islamkritische Karikaturen zeigte. Betroffen sind nach Angaben des Außenministeriums in Paris Botschaften, Konsulate und Schulen in etwa 20 Ländern.

In islamischen Ländern rund um den Globus gibt es seit einer Woche Massenproteste gegen das in den USA produzierte Video, das den Propheten Mohammed verunglimpft. Etliche Menschen starben, unter ihnen derUS-Botschafter in Libyen.

Der explosiven Lage zum Trotz veröffentlichte "Charlie Hebdo" seitenweise neue Karikaturen, die mindestens an die Grenze zur Geschmacklosigkeit gehen. Die Auflage war nach Angaben des Verlags nach wenigen Stunden ausverkauft. Es sollen weitere 75 000 Exemplare gedruckt werden. Mohammed-Karikaturen hatten schon mehrfach Unruhen in der islamischen Welt ausgelöst. Anfang 2006 kamen dabei mehr als 150 Menschen ums Leben.

Der Internetauftritt der Zeitschrift wurde gestern Morgen von Hackern lahmgelegt und war für Stunden nicht erreichbar. Das Redaktionsgebäude stand unter verstärktem Polizeischutz. Das Satiremagazin hatte wegen ähnlicher Provokationen bereits mehrfach Ärger. Nach einer "Scharia"-Sonderausgabe mit einem "Chefredakteur Mohammed" gingen im November 2011 die Redaktionsräume in Flammen auf. Die französische Regierung rief die Medien des Landes auf, vor dem Hintergrund der aktuellen Situation Verantwortungsbewusstsein zu zeigen. Premierminister Jean-Marc Ayrault erklärte, er missbillige jeglichen Exzess.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) kündigte an, die nach einem Angriff vom Freitag geschlossene deutsche Botschaft im Sudan vorerst nicht wieder zu öffnen. Auch für andere Auslandsvertretungen seien die Sicherheitsmaßnahmen erhöht worden. Ob am Freitag die deutschen Botschaften in muslimischen Ländern ebenfalls geschlossen werden, ließ er allerdings offen. An Freitagen, Feiertagen in der islamischen Welt, war es in der Vergangenheit nach den traditionellen Gebeten in den Moscheen häufig zu Demonstrationen und Ausschreitungen gekommen.

Auch das in Ausschnitten auf dem Internetportal YouTube veröffentlichte Mohammed-Schmähvideo sorgte weiter für Aufruhr. In der ostafghanischen Provinz Nangarhar protestierten etwa 400 Studenten, sie riefen antiamerikanische Parolen. Auch in Indonesien, Sri Lanka und Pakistan gingen Demonstranten erneut gegen den Film auf die Straße. König Abdullah von Saudi-Arabien drohte, im gesamten Königreich den Zugang zu YouTube zu sperren, sollte die Internetsuchmaschine Google weiterhin Links zu dem Video anbieten.

In Deutschland wird in der CSU der Ruf nach härteren Gesetzen gegenGotteslästerung (Blasphemie) laut. Unionsfraktionsvize Johannes Singhammer (CSU) sprach sich für eine Verschärfung des Strafgesetzbuchs aus. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte dagegen, es sei nicht geplant, "das Gesetz zu verschärfen". Auch der Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) stellte sich gegen Singhammer: "Ich bin nicht dafür, dass wir jetzt hektisch an Gesetzesänderungen gehen", sagte er im Deutschlandfunk. Singhammer plädiert dafür, einen im Jahr 2000 von der Union eingebrachten Gesetzentwurf erneut vorzulegen. Danach soll jede öffentliche Beschimpfung einesreligiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses strafbar sein.