Kommentar

Libyen überschlägt sich geradezu, um sein Image als Schurkenregime loszuwerden. Tripolis übernahm Verantwortung für den Anschlag von Lockerbie, lieferte die Attentäter aus, verzichtete auf Massenvernichtungswaffen und vermittelte bei internationalen Krisen wie bei der Entführung der Familie Wallert. Nur eine Altlast steht der Rückkehr in den Schoß der Weltgemeinschaft entgegen: die Todesurteile gegen fünf bulgarische Krankenschwestern und einen Arzt, die Kinder mutwillig mit Aids infiziert haben sollen.

Der Vorwurf: absurd. Der Prozess: eine Farce. Die Geständnisse: erpresst. Die kleinen Patienten wurden Opfer katastrophaler hygienischer Verhältnisse in den Krankenhäusern. Und das im ölreichen Libyen. Als politisches Faustpfand aber waren die Verurteilten Staatschef Gaddafi hochwillkommen. Das ist eine Art Geiselnahme. Der nun eingefädelte Handel - Blutgeld gegen Begnadigung - lässt den Wüstendespoten zudem innenpolitisch das Gesicht wahren: als Landesvater, der sich um die Hinterbliebenen kümmert. Wie grotesk.