Der Lockerbie-Attentäter Abdel Bassit Ali al-Megrahi, verurteilt zu lebenslanger Haft, könnte in Kürze aus einem schottischen Gefängnis freikommen.

London. Der todkranke Lockerbie-Attentäter Abdel Bassit Ali al-Megrahi (57) wird laut Medienberichten fast 21 Jahre nach dem Anschlag vorzeitig freigelassen. Der schottische Justizminister Kenny MacAskill werde voraussichtlich in der kommenden Woche die Freilassung aus Mitleid verkünden, berichtete der britische Sender Sky News. Der schottische Justizminister Kenny MacAskill sagte jedoch, über eine Begnadigung Al Megrahis werde erst kommende Woche entschieden.

Nach Berichten der BBC soll die Entlassung des Libyers dagegen noch vor Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan erfolgen, der am 22. August beginnt. Die Hinterbliebenen der Opfer reagierten entsetzt auf die Ankündigung.

1988 waren bei dem Anschlag auf eine Pan-Am-Maschine über dem schottischen Lockerbie 270 Menschen ums Leben gekommen. Den Berichten zufolge haben britische und libysche Diplomaten in dieser Woche über die Entlassung gesprochen. In der vergangenen Woche hatte der Justizminister den Attentäter im Gefängnis besucht, um mit ihm seinen Antrag auf vorzeitige Freilassung zu besprechen. Ende Juli hatte Al-Megrahi angesichts seiner schweren Krankheit ein Gesuch um Haftverschonung gestellt. Der zu lebenslanger Haft verurteilte Libyer leidet an Prostatakrebs im Endstadium. Er müsste eigentlich noch mindestens sechs Jahre im Gefängnis verbringen.

Libyen hatte Anfang Mai eine Überstellung des ehemaligen Geheimdienstagenten von Großbritannien beantragt. Eine Woche zuvor hatten beide Staaten ein Abkommen über den Austausch von Häftlingen unterzeichnet. Al-Megrahi solle als Bedingung den Rest seiner lebenslangen Freiheitsstrafe in seinem Heimatland absitzen, hieß es. Darüber konnte bislang nicht entschieden werden, weil er die Revision gegen seine Verurteilung nicht zurückzog. Eine Berufung war 2002 abgewiesen worden. Ende April eröffnete ein Gericht in Edinburgh ein neues Verfahren, nachdem eine Kommission Anzeichen für einen Justizirrtum erkannt hatte.

Angehörige der Opfer bezeichneten die Verhandlungen über die Freilassung als eine Einladung für weitere Terroristenangriffe. „Megrahi und Libyens Regierung zeigten überhaupt kein Mitleid für meinen Ehemann“, sagte die Amerikanerin Stephanie Bernstein der BBC. Es wäre ein fatales Signal, diesen Mann zu entlassen, meinte sie. Andere Hinterbliebene bezweifelten, dass der Libyer todkrank ist.

Es sei noch keine Entscheidung getroffen worden, sagte ein Sprecher der Regierung in Edinburgh. „Weder über den Antrag auf vorzeitige Freilassung noch über den Antrag gemäß des Abkommens über den Austausch von Häftlingen.“ Die Medienberichte seien deshalb reine „Spekulation“, so der Sprecher weiter.

Eine Entscheidung über Al-Megrahis Schicksal ist jedoch seit dem 3. August überfällig. Laut bilateralem Abkommen hätte sie innerhalb von 90 Tagen vorliegen müssen, nachdem der Antrag gestellt wurde. Al- Megrahi war wegen des Anschlags auf eine Maschine der US- Fluggesellschaft PanAm zu mindestens 27 Jahren Haft verurteilt worden.