Der Kandidat der Republikaner reißt seine Partei im US-Wahlkampf mit kämpferischer Rede mit, wurde aber erneut von Protesten gestört.

Tampa. Es war nach übereinstimmendem ersten Urteil der Fernsehkommentatoren eine „solide“ Rede des Kandidaten Mitt Romney, ein Parteitag geprägt von einer noch jungen Politikergeneration wie Paul Ryan, dem Vizepräsidentenkandidaten, vor allem aber ein viertägiges Mammut-Ereignis, das die Partei geschlossen in die Endphase des Wahlkampfs führen soll.

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Der mitreißende Auftritt aber, der Romney einen großen Schritt seinem Ziel näher gebracht hätte, war es nur in den Augen der treuen Parteigänger. Die Rede des Kandidaten, vor allem aber der überzeugende Auftritt seiner Frau verdeutlichten auch zum ersten Mal in aller Schärfe das Dilemma, vor dem der Herausforderer von Barack Obama steht: Er muss insbesondere die Wählerinnen von sich überzeugen. Und so waren die zahlreichen Lobreden auf die hart arbeitenden Mütter Amerikas, die im Grunde viel mehr Verantwortung für die Zukunft des Landes auf sich nehmen würden, auch die wirkliche Überraschung der großen Show in Tampa. Ansonsten fehlten neue inhaltliche Akzente weitgehend.

Es blieb bei Versprechen, die nicht mit konkreten Vorschlägen verbunden waren. Wie er die zwölf Millionen neuer Arbeitsplätze erreichen will oder die völlige Unabhängigkeit von ausländischen Energiequellen in den nächsten Jahren, hat er noch nicht einmal ansatzweise beschrieben.

Romney wird den Amerikanern, die zuschauten, ein wenig vertrauter geworden sein. Er sprach all die wesentlichen Punkte an, die ihn von der großen Mehrheit seiner Landsleute unterscheiden – seine Mitgliedschaft in der Kirche der Mormonen, seine Herkunft aus einer vermögenden und einflussreichen Familie, seine Karriere als Investmentmanager. Diese Offenheit haben auch viele seiner Anhänger bislang vermisst.

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Eines hat die Konvention der Republikaner in Tampa mit Sicherheit erreicht. Die Partei präsentiert sich weitgehend geschlossen hinter ihrem lange Zeit umstrittenen Kandidaten. Nur die Anhänger des Außenseiters Ron Paul waren nicht zu überzeugen und machten mit wütenden Demonstrationen innerhalb der Veranstaltungshalle und an den Polizeiabsperrungen auf sich aufmerksam. Mehrere Anwesende versuchten, die Ansprache mit lauten Rufen zu stören. Sie wurden nach US-Medienberichten aus der Halle verwiesen. Das Publikum auf dem Parteitag der Republikaner reagierte mit lauten „USA, USA“-Rufen, um die Störer zu übertönen. Romney hat sich von den Protesten nicht aus der Ruhe bringen lassen.

Aber auch in Tampa wurde klar, dass die demonstrierte Geschlossenheit die erbitterte Auseinandersetzung zwischen den unterschiedlichen Parteiflügeln noch lange nicht beendet hat. Typisch für die Reaktion der alten republikanischen Parteibasis auf den Rechtsruck der letzten Jahre sagte beispielsweise Edwar Langton, ein Delegierter aus Mississippi, dass „Schluss sein muss mit der Polarisierung im Land“. Der Geschäftsmann will, „dass meine Partei wieder lernt, mit den Demokraten zusammenzuarbeiten“.

Unbehagen am Konfrontationskurs der Tea Party

Nicht ganz so deutlich, aber doch klar erkennbar in Distanz zum derzeitigen Kurs des Kandidaten Romney äußerte sich beispielsweise ein Mitarbeiter des Sprechers des Repräsentantenhauses, John Boehner, gegenüber Gästen aus Deutschland. Man müsse endlich wieder zu Kompromissen beispielsweise in der Außenpolitik fähig werden, so die Botschaft aus dem derzeit wegen des parteipolitischen Streits weitgehend gelähmten Kongress. Und auf der Konvention selbst wurde die frühere Außenministerin Condoleezza Rice die herausragende Vertreterin dieses Flügels. In ihrer mit viel Beifall bedachten Rede fehlte jeder direkte Angriff auf Barack Obama.

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Diese in der Partei weitverbreiteten Zweifel an dem von den Anhängern der Tea Party Bewegung erzwungenen Kurswechsel hin zu einer unversöhnlichen Konfrontation kamen auf der großen Bühne in Tampa nicht zur Sprache. Eher schon wurde deutlich, dass dieser radikale Flügels sich noch lange nicht mit Romney abgefunden hatte. Typisch für die Stimmung dieses Teil der Partei war die Aussage der Delegierten Nancy McKiermann aus Pennsylvania. „Wir haben das Gefühl, dass all unser Mühe der letzten vier Jahre Verschwendung war“. Die Einigkeit der Partei steht also auch nach den Tagen in Tampa auf wackligen Beinen.

Die mit viel Spannung erwartetet Rede von Romney hatte nicht die Durchschlagskraft, um daran etwas zu ändern. Der Kandidat kann nach Tampa allerdings etwas zuversichtlicher sein, dass ihm die schlechten Überraschungen der letzten Wochen erspart bleiben, bei denen beispielsweise beim Thema Abtreibung die eigenen Widersprüche allzu deutlich wurden.

Mit Material von dpa und dapd