US-Republikaner schicken Romney ins Rennen gegen Präsident Obama. Seine Ehefrau Ann begeistert den Parteitag mit einer Hymne auf den Kandidaten.

Tampa. Mit einer Verneigung vor Amerikas Ehefrauen, Müttern, Schwestern und Großmüttern haben die Republikaner ihren Parteitag in Tampa eröffnet und leidenschaftlich eine Wählergruppe umworben, die meist den Demokraten und Barack Obama zuneigt. Ann Romney, die Gattin des nunmehr offiziell nominierten Präsidentschaftskandidaten der Republikaner, leitete aus der Treue ihres Mannes über 42 Jahre Ehe ab, dass Amerika Mitt Romney vertrauen könne: "Dieser Mann wird euch nicht im Stich lassen. Er wird nie versagen", rief sie in den entzückten Jubel des Parteitags. Nicht wenige Kommentatoren halten die mögliche First Lady für die bessere Rednerin mit wärmerer Ausstrahlung in der Familie Romney.

Am Ende holte ihr Mann sie zu den nostalgischen Klängen des Temptations-Songs "My Girl" vom Rednerpult ab und feierte die Rede seiner Gattin mit den Delegierten. Es war eine ungewöhnliche Geste, den Star des Parteitags so früh und so beiläufig auftreten zu lassen. Er flog noch in der Nacht zu Wahlkampfauftritten in Indiana.

Artiger hätte die Verbeugung vor der Frau, die ihm seit einem Tanzabend im Gymnasium vertraut, nicht ausfallen können. TV-Kameras zeigten Mitt Romney als Zuhörer der folgenden Rede von Chris Christie zwischen seiner Frau und Ex-Außenministerin Condoleezza Rice. Das Bild beschloss einen Abend, den Rednerinnen - darunter Nikki Haley, die Gouverneurin von South Carolina - dominiert hatten. Ihre Botschaft war immer dieselbe: Frauen, denen konservative Werte am Herzen liegen, können und sollen die Republikaner wählen. Solche Appelle scheinen notwendig, denn bei der weiblichen Klientel liegen die Demokraten mit bis zu 20 Prozentpunkten vorn.

+++ Romney offiziell Spitzenkandidat – Unruhe an der Basis +++

+++Ann Romney öffnet die Herzen - Jetzt muss Mitt nachlegen+++

Ob Ann Romney mit der Hymne auf ihren Mitt, dem laut ihrer Darstellung nichts geschenkt wurde (er ist Sohn eines Autoindustriemillionärs und Gouverneurs von Michigan) und der sich seinen Reichtum aus dem Nichts erarbeitet hat, unentschiedene Wählerinnen gewinnen konnte, werden die nächsten Umfragen zeigen. Mit offenkundigen Anleihen an den mädchenhaft kieksenden Charme Sarah Palins rief sie: "Ich liebe euch, Frauen!" und "Ohne euch (Frauen) gäbe es kein Amerika"; für eine 63 Jahre alte Dame, Mutter und Großmutter, die Brustkrebs überlebte und seit 1998 mit Multipler Sklerose zu leben hat, wirkte der Enthusiasmus eines College-Girls etwas bemüht. Doch die Frauen im Saal tranken es von ihren Lippen; man spürte die Erleichterung nach mehr als einer Woche, in der ein frauenfeindlich tönender Tölpel namens Todd ("legitimate rape") Akin das Image der Republikaner beschädigt hatte.

Kein Wort sollte an diesem Abend offenbar dem konservativsten Parteiprogramm seit Jahrzehnten gewidmet werden. Die "platform" war am Nachmittag verabschiedet worden und hatte jubelnde Kritiken zumal bei Tea-Party-Aktivisten gefunden. Das Abtreibungsverbot ohne jede Ausnahme (etwa für Inzest oder Vergewaltigung, wie Mitt Romney sie zuließe) zementiert eben jene Haltung, die Todd Akin und Paul Ryan seit Jahren predigen und die viele Frauen als unerträgliche Bevormundung durch den Staat ablehnen. Einzig Rick Santorum, während der Vorwahlen Romneys erfolgreichster Rivale, sprach über Schwangerschaftsabbruch, den er für Mord hält, so leidenschaftlich, wie es sich die Parteibasis wünscht. Wie schon im Wahlkampf dient ihm seine vierjährige, schwer behinderte Tochter Bella als Zeugin für das Lebensprimat. Fotos des Mädchens im Spiel mit ihrem Vater rührten das Publikum zu Tränen. "Ich danke Gott", sagte Santorum feierlich, "dass Amerika noch eine Partei hat, die ihre Hand dem Leben, geboren und ungeboren, reicht."

Parteitage sind harte Arbeit. In Tampa war die schwüle Hitze auch nach dem Abziehen von "Isaac" schwer erträglich. Im schlecht belüfteten "Tampa Bay Times Forum" roch es nach einer üblen Melange aus Parfüm, Hotdogs und Schweiß. Die Absperrungen der in Übermacht auftretenden, zum Teil mit Sturmgewehren ausgerüsteten Polizei sind so weiträumig, dass 45 Minuten Fußmarsch durch den Irrgarten von Sperren für Personen- und Taschenkontrollen eingeplant werden müssen. Von den Chaoten, die vor vier Jahren in Minneapolis das Kongresszentrum regelrecht belagerten, war wenig zu sehen. Einige campieren auf einem Grünstreifen. Sie wirkten, nach "Isaacs" Winden und Regenfällen, etwas müde. Laut und frisch in ihrer Aggressivität sind allein die Anhänger des libertären Kandidaten Ron Paul. "Schafft die (US-Notenbank) Federal Reserve ab!", "Legalisiert Marihuana!", "Holt unsere Soldaten heim und haltet euch raus!"

Rick Santorum nahm mit schneidender Kritik an Barack Obama, der aus dem amerikanischen Traum vom Sozialaufstieg einen "Albtraum der Abhängigkeit" von Sozialhilfeempfängern gemacht habe, beinahe vorweg, was dem Hauptredner des Abends vorbehalten sein sollte: Nämlich die wichtigsten Glaubensbekenntnisse der Republikaner in einen Angriff auf die Demokraten und den Präsidenten zu verwandeln.

Chris Christie, Gouverneur von New Jersey, gab den als "Keynote Speaker" auserkorenen Chefankläger. Christies Temperament macht seinem irischen Vater und seiner sizilianischen Mutter alle Ehre. Über viele Minuten seiner Rede aber erlag er der Rührung seiner eigenen Aufsteigergeschichte, statt Barack Obama, einen anderen unwahrscheinlichen Aufsteiger und amerikanischen Träumer, anzugreifen. Der Name des Präsidenten fiel nicht ein einziges Mal. Natürlich mit Bedacht. Sollte es Verachtung für den Mann bedeuten, wenn er "sie" brandmarkte und "ihre gescheiterten Ideen"? Man suche stets eher Respekt als Liebe, das erste habe mehr Substanz, so lehrte Chris Christies Mama angeblich ihren Jungen. Harte Wahrheiten etwa über die Staatsverschuldung würden im Volk verstanden und ersehnt: "Ich glaube, wir haben uns lähmen lassen von unserem Bedürfnis, geliebt zu werden."

Über Romney sprach Chris Christie lange nur indirekt. Erst gegen Ende der Ansprache, als der Saal schon heiß geredet war, ließ Christie die Republikaner sich erheben für Mitt Romney und für "ein zweites amerikanisches Jahrhundert". Die TV-Kamera fing Ann Romney ein, deren Lippen nach Christies letzten Wort "awesome!" bildeten: "Großartig!"