Angesichts von Wirtschaftskrise und Repression gärt es im iranischen Volk, ähnlich wie vor 30 Jahren, als Schah Reza Pahlewi ins Exil getrieben wurde. Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad läuft im Moment ebenso Gefahr, dem Hochmut zu erliegen.

Hamburg/Teheran. Im Oktober 1971 beging der Schah von Persien einen verhängnisvollen Fehler. In pompöser Selbstüberschätzung ließ er sich in den Ruinen der 2500 Jahre alten Metropole Persepolis vor 69 Staatschefs und Monarchen in einer bombastischen, mehr als 100 Millionen Dollar teuren Zeremonie als eine Art Reinkarnation des antiken Perserkönigs Kyros feiern.

Bei den einfachen Iranern, denen es wirtschaftlich sehr schlecht ging, gärte die Wut; sie bereitete den Boden für die islamische Revolution des Jahres 1979 vor.

Gegenwärtig läuft der Staatspräsident der Islamischen Republik Iran, Mahmud Ahmadinedschad, der bei den Wahlen am Freitag im Amt bestätigt werden will, ebenfalls Gefahr, dem Hochmut zu erliegen. Die bizarre Diskussion über "Ahmadinedschads Heiligenschein" - in einem Video hatte der Präsident behauptet, er sei während einer Rede vor der Uno-Vollversammlung von einer lichtvollen "Aura" umgeben gewesen, sogar die Atmosphäre im Raum habe sich verändert - lässt vermuten, dass sich Ahmadinedschad innerlich längst vom einfachen Volk entfernt hat, deren Interessen zu vertreten er vorgibt.

Der frühere Kommandeur der Revolutionsgarden war mit dem Anspruch angetreten, den vielen Armen Irans ein besseres Leben zu verschaffen. Doch er steigerte vor allem die Staatsausgaben, begünstigte massiv Unternehmen, die den Revolutionsgarden nahestehen und griff mit Regeln in die Wirtschaft ein, die zu Massenentlassungen führten. Die aufgrund des gestiegenen Ölpreises hohen Staatseinnahmen schlugen sich kaum in einer Verbesserung der allgemeinen Lebenssituation nieder. Gleichzeitig sorgte der Präsident für eine drakonische Verschärfung der innenpolitischen Lage. Die entsetzlichen öffentlichen Hinrichtungen an Baukränen - auch von Frauen - sind wieder an der Tagesordnung. Jedes Aufbegehren im Volk per Demonstration wurde teilweise brutal niedergeschlagen. Gleichzeitig isolierte Ahmadinedschad sein Land durch seine sture Haltung gegenüber Israel und in der Atomfrage.

Insgesamt treten vier Kandidaten bei der Wahl am Freitag an. 475 Kandidaten hatten ursprünglich ihre Bewerbung eingereicht, darunter 42 Frauen. Doch nur jene vier kamen durch; die Auswahl der Kandidaten liegt - wie auch bei den Parlamentswahlen - beim mächtigen zwölfköpfigen Wächterrat. Er überprüft die Kandidaten auf ihre religiöse und ideologische Zuverlässigkeit.

Aussichtsreichster Herausforderer des ultrakonservativen Ahmadinedschad ist der frühere Ministerpräsident Mir Hossein Mussawi. Er gilt als gemäßigt konservativ. Der ehemalige Parlamentspräsident Mahdi Karubi hat sogar den Ruf eines Reformers. Mohsen Resai, der kaum bekannte frühere Chef der Revolutionsgarden, ist zwar stramm auf Ahmadinedschad-Kurs, befürwortet aber wie Mussawi und Karubi eine Entspannung gegenüber dem Westen.

Der Präsident kann auf die Unterstützung des kopfstarken "Blocks der Prinzipientreuen" (Osulgharajan) im Parlament zählen. Der Block erklärte, allein Ahmadinedschad sei fähig, sich der "Verwestlichung" entgegenzustellen und gegenüber dem Westen nicht einzuknicken. Osulgharajan hält 200 der 290 Sitze im Parlament. Die Wiederwahl Ahmadinedschads gilt als wahrscheinlich - sicher ist sie jedoch keineswegs. In Teheran kommt es derweil zu den größten Demonstrationen seit mehr als einem Jahrzehnt. Und diese Demonstrationen spiegeln eine aufgeheizte Stimmung wider. Der politische Kommentator Mashalah Shamsolvaezin sagte gegenüber der "New York Times": "Dies ist ein Ausdruck des Protestes und der Unzufriedenheit der Menschen. Sie geben ihrer Frustration machtvoll Ausdruck."