Rückschlag für die Reformer im Iran: Der schärfste Konkurrent von Präsident Mahmud Ahmadinedschad bei der Wahl in drei Monaten gibt auf. Mohammed Chatami hat seine Kandidatur zurückgezogen. In Hamburg ist Chatami kein Unbekannter: Zwei jahre leitete er das Islamische Zentrum.

Teheran. Der schärfste Konkurrent des umstrittenen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad gibt auf: Drei Monate vor der Präsidentschaftswahl im Iran hat der Reformpolitiker Mohammed Chatami seine Kandidatur zurückgezogen.

Chatami sagte, er wolle die Reformkräfte bei der Wahl am 12. Juni stärken. Zugleich sprach sich der frühere Präsident (1997 bis 2005) für die Wahl des ehemaligen Ministerpräsidenten Mir Hossein Musawi aus: "Wenn wir mit Weisheit und Realismus handeln, kann er die Stimmen des Volks gewinnen und gewählt werden", so Chatami.

"Das ist ein großer Rückschlag für das gesamte Reformerlager", sagte der Iran-Spezialist an der Syracuse-Universität in New York, Mehrzad Boroujerdi. "Musawi wird wahrscheinlich nicht die jungen Iraner erreichen, die in der Politik an der Seitenlinie stehen." Stattdessen werde er von vielen als Mann der Vergangenheit betrachtet.

Die Präsidentenwahl hat für die Reformer eine entscheidende Bedeutung, um ihren Bedeutungsverlust in den vergangenen Jahren zu stoppen. Der moderate Kleriker Chatami (65) galt den Reformern im Iran als Hoffnungsträger für einen politischen Wandel. Seine Anhängern sahen in ihm den Politiker, der bei der Präsidentschaftswahl im Juni den ultrakonservativen Ahmadinedschad hätte ablösen können.

Chatamis Vision von einer islamischen Demokratie trug ihm während seiner früheren Amtszeit als Präsident Ansehen im Ausland ein, aber zu Hause setzte der konservative Klerus alles daran, seinen Reformkurs zu torpedieren.

Vor der islamischen Revolution 1979 war der am 29. September 1943 in Ardakan in der zentraliranischen Provinz Jasd geborene Chatami Leiter des Islamischen Zentrums in Hamburg, wo er auch Deutsch lernte. 1979 kehrte er in den Iran zurück und wurde Kultusminister. Doch der ausgebildete Geistliche scheiterte bereits damals am Widerstand des konservativen Klerus: Wegen seiner liberalen Politik musste er 1992 von dem Amt zurücktreten.

Nach ein paar Jahren als Leiter der Nationalbibliothek machten die moderaten und liberalen Kräfte Chatami 1997 zu ihrem Spitzenkandidaten für die Präsidentschaftswahl. Völlig unerwartet siegte er damals mit 70 Prozent der Stimmen.

In seiner ersten Amtszeit nahm die Reformbewegung in Iran Gestalt an. Seine liberale Kulturpolitik einschließlich von Presse- und sozialen Freiheiten ermutigten den Westen und die arabische Welt, die politische Isolation des Gottesstaates zu beenden. Eine neue Ära begann, die Chatami als "Dialog der Zivilisationen" bezeichnete. Doch der konservative Klerus versuchte, seinen Reformkurs zu blockieren beispielsweise mit Razzien bei Zeitungen und Verhaftungen enger Vertrauter.

Auch bei den Wahlen 2001 erzielte Chatami einen souveränen Sieg, musste sich aber immer mehr von seinen eigenen Anhängern distanzieren, weil er Reformen innerhalb des islamischen Systems wollte, seine Anhänger dagegen auf ein weltliches System drangen. Bei den Präsidentenwahl 2005 konnte Chatami laut Verfassung nicht zum dritten Mal hintereinander antreten und zog sich daraufhin aus dem politischen Alltag zurück.