Italiens Premier Silvio Berlusconi hat die Immigrantenzentren seines Landes mit Konzentrationslagern verglichen: Die Lager seien jenen der Nazis “sehr ähnlich“.

L’Aquila. Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat die Immigrantenzentren seines Landes mit den nationalsozialistischen Konzentrationslagern verglichen. Daher sei es humaner, die Flüchtlinge auf dem Mittelmeer abzufangen und nach Libyen zu bringen, erklärte er. Wörtlich sagte der Premier: „Ich glaube, es ist viel einfacher, die individuelle Situation im Herkunftsland zu prüfen. Andernfalls kommen sie hierher und landen in einem Lager, das – ich sollte das nicht sagen – einem Konzentrationslager sehr ähnlich ist.“

Berlusconi machte die Bemerkung bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso, der Respekt für die Rechte der Asylsuchenden einforderte. Noch im Januar hatte Berlusconi gesagt, die Zustände in einem Flüchtlingslager auf der Insel Lampedusa seien sehr gut. Die Lagerinsassen könnten „jederzeit ein Bier trinken gehen“.

Trotz der Proteste von Menschenrechtlern und der Vereinten Nationen hält Italien seit Wochen an seiner verschärften Abschiebepraxis fest. Seit seinem Regierungsantritt vor einem Jahr hat der rechts-konservative Berlusconi das Vorgehen gegen illegale Einwanderung verschärft. Hilfsorganisationen haben wiederholt die Zustände in den italienischen Auffanglagern für afrikanische Flüchtlinge kritisiert. Die Zentren sind demnach notorisch überfüllt, leiden unter miserablen hygienischen Bedingungen und es kam demnach in einigen Fällen auch zu Misshandlungen durch Polizisten.

2008 kamen fast 37 000 Flüchtlinge über den Seeweg in Italien an, das waren rund drei Viertel mehr als noch im Jahr zuvor. Die große Mehrheit der Flüchtlinge war von Libyen aus gestartet. Seit Anfang Mai schickte Italien Hunderte Flüchtlinge in das nordafrikanische Land zurück. Außerdem stellte Italien Patrouillenboote, um die Flüchtlinge bereits vor der libyschen Küste abzufangen.

Über den Umgang mit den Flüchtlingen ist zwischen dem Uno-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) und der italienischen Regierung ein heftiger entbrannt. Der Uno-Hochkommissar für Flüchtlinge, Antonio Guterres, wies „persönliche Attacken“ als inakzeptabel zurück. Damit reagierte er auf Aussagen des italienischen Verteidigungsministers Ignazio La Russa. Dieser hatte die UNHCR-Sprecherin Laura Boldrini als „kriminell“ und ihr Hilfswerk als „wertlos“ bezeichnet.

Der Minister nahm Anstoß an Boldrini, weil sie sich besorgt über den mangelnden Schutz von Bootsflüchtlingen geäußert hatte, die nach Libyen zurückgebracht werden, ohne dass sie Gelegenheit bekommen, einen Asylantrag zu stellen. Libyen hat die Genfer Flüchtlingskonvention nicht unterzeichnet. Das UNHCR hat nach eigenen Angaben nur zu einem Teil der Abschiebelager in Libyen Zugang. Libyen gilt als eine wichtige Durchgangsstation für Afrikaner, die übers Mittelmeer illegal nach Europa einwandern wollen.