Zu Beginn der Französischen Revolution, im Sommer des Jahres 1789, herrschte eine Hungersnot unter der französischen Bevölkerung.

Zu Beginn der Französischen Revolution, im Sommer des Jahres 1789, herrschte eine Hungersnot unter der französischen Bevölkerung. Die aufgebrachten Bürger demonstrierten auch vor dem Schloss der aus Österreich stammenden Königin Marie Antoinette, die sich schon vorher durch ihr luxuriöses, leichtsinniges Leben und die Halsbandaffäre in ihrer neuen Heimat unbeliebt gemacht hatte; sie soll einen solchen Umzug protestierender Armer vom Balkon ihres Schlosses in Versailles miterlebt haben.

Sie hörte das Geschrei und fragte ihre Entourage, was denn die Leute riefen. "Sie haben Hunger. Sie haben kein Brot!", wurde ihr erklärt. Die damals 34-jährige, ziemlich unbedarfte Herrscherin soll geantwortet haben: "Sie haben kein Brot? Dann sollen sie doch Kuchen essen."

Diese Antwort, von der Geschichtswissenschaft längst in das Reich der Legende oder besser: in das der bürgerlichen Propaganda gegen das Königshaus verwiesen, wird in ihrer naiven Unmenschlichkeit gern als Ursache dafür angeführt, dass die Königin, degradiert zur Bürgerin Capet, nach der Hinrichtung ihres Mannes knapp neun Monate später auch unter der Guillotine ihr Haupt verlor. Im Film Sofia Coppolas über die unglücklich verspielte Königin besteht dieser Kuchen aus roter und weißer Confiserie, Macarons genannt, und ist ein schickes Gebäck, das in den weißen und roten Modefarben im vergangenen Jahr die Pariser Cafés erobert hat.

In Italien dagegen hat ein Erdbeben, also eine Revolution der Erde, die Stadt L'Aquila in Trümmern gelegt, 289 Tote gefordert, und Zehntausende obdachlos gemacht. Silvio Berlusconi, Italiens Premier, hat sich inzwischen vor Ort der Tragödie in den Abruzzen viel Sympathie bei den Überlebenden erobert. Das war auch bitter nötig, nachdem er zunächst das Leid der Menschen - unter den 29 000 Evakuierten werden wohl zwei Drittel mit einem monate-, wenn nicht jahrelangen Leben in Zelten und Baracken rechnen müssen - heruntergespielt hatte. Berlusconi, ganz gedankenloser Chef des Bella Italia, der erst kürzlich gut gelaunt Obama als braun gebrannten Präsidenten der USA begrüßen zu müssen glaubte, hatte dieses Elend der Menschen zunächst mit einem Camping-Urlaub verglichen.

Kuchen? Ja, Pustekuchen! Die obdachlos Gewordenen fanden das alles andere als komisch. Doch guillotiniert wird der Herr der schlechten Scherze deswegen dennoch nicht werden.

"Der Missbrauch des Geistes gefällt im Scherz und missfällt im Ernst." Joseph Joubert, frz. Moralist (1754-1824)