Das Morden in Syrien geht unverändert weiter. Die Mission der Arabischen Liga bislang mit mäßigem Erfolg, Vorwürfe gegen den Chef der Beobachter.

Beirut/Kairo. Es hat sich nicht viel geändert in Syrien. Die Beobachter der Arabischen Liga ziehen durch das Land und die Situation entspannt sich nicht. Die Kämpfe und das Morden gehen weiter, insgesamt seien am Donnerstag 16 Menschen von Sicherheitskräften des Regiems von Baschar al-Assad getötet worden. Die meisten davon in Vororten der Hauptstadt Damaskus. Dort haben syrische Soldaten das Feuer auf Zehntausende Demonstranten eröffnet und dabei Aktivisten zufolge mindestens vier Menschen getötet. Die örtlichen Koordinationskomitees sprachen von 28 Getöteten. Etwa 20 000 Menschen hätten vor der Großen Moschee in Duma demonstriert, als auf sie geschossen worden sei, sagte Rami Abdul-Rahman von der in London ansässigen Menschenrechtsorganisation Syrian Observatory for Human Rights. Ganz in der Nähe hätten Mitglieder der Beobachtermission der Arabischen Liga ein städtisches Gebäude besucht.

Derweil kritisierte die Opposition den sudanesischen Leiter der ins Land entsandten Beobachtermission. So habe General Mohamed Ahmed Mustafa al-Dabi dem repressiven Regime des sudanesischen Präsidenten Omar al-Baschir gedient, sagten die Aktivisten. Gegen Baschir liegt ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag wegen Völkermords und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Darfur vor. Al-Dabi ist ein Vertrauter Baschirs und leitete einst den sudanesischen Geheimdienst. Derzeit führt er die Mission der Arabischen Liga an, die die Lage in Syrien untersuchen soll.

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Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International berichtete, dass der sudanesische Militärgeheimdienst unter der Führung al-Dabis zu Beginn der 90er-Jahre für "willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen, das Verschwindenlassen, Folter und andere Misshandlungen zahlreicher Menschen im Sudan" verantwortlich gewesen sei.

"Was ist von einem Leiter einer Beobachtermission zu erwarten, dem in seinem eigenen Land Völkermord vorgeworfen wird", sagte der Oppositionspolitiker Ausama Monadsched vom Syrischen Nationalrat. Der Nationalrat sehe die Stellung al-Dabis angesichts der Anschuldigungen mit tiefer Sorge. Deshalb werde man in einem Antrag an die Arabische Liga um dessen Ablösung bitten, erklärte Monadsched.

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle verlangte für die Beobachtermission "ungehinderten Zugang zu allen neuralgischen Punkten im Land". Dazu gehörten "nicht nur kritische Städte wie Homs und andere, sondern auch die Möglichkeit, ungehindert mit Vertretern der Opposition, der Zivilgesellschaft und auch mit Inhaftierten des Regimes zu sprechen".

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Al-Dabi war nach einem Besuch in der seit Wochen unter Beschuss stehenden Stadt Homs mit der Aussage zitiert worden, dass er dort nichts Besorgniserregendes gesehen habe. Scheich Anas Airut vom Nationalrat der syrischen Opposition sagte in einem Telefongespräch mit der Nachrichtenagentur dpa aus der Türkei, diese Einschätzung sei "sehr enttäuschend". Das Assad-Regime spiele allen etwas vor. "Das ist eine Tragödie." Al-Dabi bat die Oppositionsaktivisten um mehr Zeit, bevor die Arbeit der Beobachter kritisiert werde. Ende Dezember sollen bis zu 200 Beobachter in Syrien sein. Sie sollen den Rückzug der Armee aus den Städten und die Freilassung politischer Gefangenen überwachen.

Das Vorgehen des Assad-Regimes gegen die Bevölkerung hat auch die Zahl der syrischen Flüchtlinge in Deutschland deutlich steigen lassen. In den ersten elf Monaten dieses Jahres hätten 2417 Syrer um Asyl nachgesucht - fast doppelt so viele wie im Vorjahr, sagte ein Sprecher des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge der dpa.

Der Aufstand in Syrien und die unklare Sicherheitslage bringen auch die Hamas zunehmend in Bedrängnis. Die radikale, vom Iran unterstützte Palästinenserorganisation hat seit mehr als zehn Jahren ihr Hauptquartier in Damaskus. Angesichts der Unruhen hat die Hamas nach Aussage von Insidern bereits begonnen, viele ihrer niedrigeren und mittleren Kader aus Damaskus abzuziehen. Assad hatte der von Israel und westlichen Staaten als Terrorgruppe eingestuften Hamas erlaubt, auf syrischem Gebiet militärische Trainingslager aufzubauen und zu benutzen.

Der Aufstand in Syrien könnte es mit sich bringen, dass die Assad-treue Hamas nun mit der blutigen Niederschlagung der Unruhen in Verbindung gebracht wird. Sollte sich die Hamas aus Damaskus zurückziehen, dürften ihre Anführer über arabische Länder verteilt werden, die ihnen nicht so freie Hand lassen wie Syrien. Der Chef der Hamas, Chaled Maschaal, wird wohl nach Katar gehen, einem Golfstaat mit engen Beziehungen mit den USA. Andere Führer der Organisation werden sich auf Ägypten, Libanon, die Türkei und den Gazastreifen verteilen. Auch wenn die Hamas noch immer die Vernichtung des Staates Israel als Kernziel ihrer Arbeit betrachtet, scheint den Führern der Organisation klar zu werden, dass sie mit friedlichen Mitteln vielleicht doch mehr erreichen können als mit Selbstmordanschlägen. So sagte Hamas-Chef Maschaal kürzlich, seine Organisation könnte sich einen Palästinenserstaat aus Gazastreifen und Westjordanland vorstellen.