Griechisches Parlament muss über Vertrauensfrage Weg für Referendum ebnen. Deutsche Banken wollen für Schuldenschnitt Volksentscheid abwarten.

Athen/Berlin. Die Ankündigung des griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou, sein Volk über die in der vergangenen Woche beim Euro-Gipfel in Brüssel gefassten Beschlüsse zum Rettungspaket abstimmen zu lassen, beschäftigt auch einen Tag danach die in der Eurokrise beteiligten Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft. Während sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) auf ein Sondertreffen in Frankreich vorbereiten, äußerte sich der Bundesverbank deutscher Banken am Mittwoch skeptisch zu den Rettungsplänen.

Eine vollständige Umsetzung des Pakets zur Linderung der Eurokrise vor dem geplanten Referendum in Griechenland halten die deutschen Banken für unrealistisch. "Wir sollten keine vollendeten Tatsachen schaffen, bevor das Referendum durch ist“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken, Michael Kemmer, am Mittwoch in Berlin. Konkret könne er sich nicht vorstellen, dass vor der Volksabstimmung über das Rettungspaket ein Anleihentausch vollzogen werden könne, sagte Kemmer. Allerdings sollten jetzt die Vorarbeiten für den Schuldenschnitt gemacht werden. Im Übrigen erwarte er eine hohe Zustimmung der Gläubigerbanken zu dem Schuldenschnitt.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) hat Griechenland aufgefordert, seine Zusagen zur Bewältigung der Schuldenkrise einzuhalten. "Solidarität ist keine Einbahnstraße“, sagte er am Mittwoch in Istanbul. "Wer die Solidarität in Europa in Anspruch nehmen möchte, muss auch bereit sein, die eigenen Reformen, Hausaufgaben zu erledigen.“ Es sei schwer genug gewesen, das Rettungspaket für Griechenland zu schnüren. Jetzt müsse Athen unterstreichen, dass es bei dem bleibt, was gemeinsam verabredet worden sei.

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Im Rahmen des auf dem Eurogipfel vergangene Woche vereinbarten zweiten Rettungspakets für Griechenland haben sich die privaten Banken bereiterklärt, über einen Anleihentausch auf 50 Prozent ihrer Forderungen zu verzichten. Am Montagabend hatte der Griechenlands Ministerpräsident Papandreou dann aber überraschend angekündigt, das Volk über das Rettungspaket abstimmen zu lassen, das weitere tiefe Einschnitte im Haushalt des Landes vorsieht. Das Referendum könnte noch in diesem Jahr stattfinden. Zuvor muss Papandreou allerdings eine Vertrauensfrage im Athener Parlament überstehen, die für die Nacht zum Sonnabend geplant ist.

Bei einem Sondertreffen in Cannes wollen Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy am Nachmittag gemeinsam mit den Spitzen von Europäischer Union, EU-Rat, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalen Währungsfonds (IWF) über die Volksabstimmung in Griechenland beraten. Am Abend ist dann ein Treffen der Gruppe mit Papandreou geplant.

Der Gipfel der G-20-Staaten in Cannes beginnt erst am Donnerstag, aber das Geschehen in Griechenland hat ein Treffen der Euro-Länder vor dem Gipfel nötig gemacht. Die G-20 Staaten wollen am Donnerstag und Freitag über Reformen des Finanzmarktsektors beraten. Derweil muss Papandreou bei der Abstimmung über einen Volksentscheid um eine Mahrheit bangen. Der Premier muss in der Nacht zum Sonnabend die Mehrheit des Athener Abgeordnetenhauses (der Vouli) hinter sich versammeln - sonst ist seine Regierung am Ende.

Für das Votum gibt es ein umständliches Prozedere: Traditionell beginnt die Abstimmung um Mitternacht (23.00 MEZ). Die Abgeordneten müssen einzeln aufstehen, dann rufen sie „Nai“ („Ja“) oder „Oxi“ („Nein“), so erteilen sie der Regierung das Vertrauen oder sprechen es ihr ab. Das Parlament hat 300 gewählte Abgeordnete – damit braucht Papandreous Regierung mindestens 151 Stimmen.

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Insgesamt gibt es im griechischen Parlament fünf Parteien. Die sozialistische Partei PASOK unter Ministerpräsident Giorgos Papandreou verfügt nur noch über eine hauchdünne Mehrheit von zwei Abgeordneten.

Ursprünglich hatte PASOK eine bequeme Mehrheit von 160 Mandanten, diese ist aber immer weiter zusammengeschmolzen. Wegen der harten Sparprogramme bröckelten bis jetzt acht Abgeordnete ab. Erst am Dienstag kündigte eine PASOK-Abgeordnete an, künftig als Unabhängige im Parlament sitzen zu wollen. Stärkste Oppositionskraft ist die bürgerliche Nea Dimokratia (ND).

Die aktuelle Zusammensetzung des Parlaments:

Panhellenische Sozialistische Bewegung (PASOK): 152 Abgeordnete

Nea Dimokratia (ND): 85 Abgeordnete

Kommunistische Partei (KKE): 21 Abgeordnete

Völkische Orthodoxe Gesamtbewegung (LAOS): 16 Abgeordnete

Bündnis der Radikalen Linken (SY.RIZ.A.): 9 Abgeordnete

Zudem gibt es 17 Abgeordnete, die keiner dieser fünf Fraktionen angehören. Einige von ihnen haben sich kleineren Parteien zugehörig erklärt, die aber nicht genügend Mandate für einen Fraktionsstatus haben.

Mit Material von dpa, rtr und dapd