Tripolis. Nach mehr als sechs Monaten schwerer Kämpfe und vielen bitteren Rückschlägen haben Aufständische gestern nach übereinstimmenden Berichten mehrerer Nachrichtenagenturen das symbolische Herz des Gaddafi-Regimes eingenommen - die Residenz- und Festungsanlage Bab al-Asisija in Tripolis. Fernsehbilder zeigen ausgelassen tanzende Rebellen rund um die Skulptur einer riesigen Faust, die ein US-Kampfflugzeug zerdrückt. Hier, an diesem Denkmal zur Erinnerung an die US-Luftangriffe von 1986, hatte Gaddafi zu Beginn des Aufstands seine Anhänger auf den Kampf gegen die Regimegegner eingeschworen.

Der Aufenthaltsort Gaddafis war auch gestern unbekannt. Die Aufständischen vermuteten ihn in einem Bunker unter der Residenz. Gaddafis Sohn Saif al-Islam, dessen Gefangennahme die Rebellen am Montag verkündet hatten, strafte seine Gegner Lügen. 24 Stunden nach der Meldung über die Festnahme fuhr der 39-Jährige vor einem Hotel in Tripolis vor und behauptete, die Stadt sei in Regierungshand. "Wir haben den Rebellen das Rückgrat gebrochen", sagte er vor jubelnden Anhängern.

Seit dem Einmarsch der Aufständischen in Tripolis hat es dort nach deren Angaben mehr als 2000 Tote gegeben. Ein Nato-Sprecher sagte, für das Bündnis spiele Gaddafi keine Rolle mehr. Sein Regime sei am Ende. Allerdings sei die Lage in Tripolis wegen der Häuserkämpfe "sehr komplex".