Fällt die Regierung durch, rückt die Staatspleite näher. Die Rettung Griechenlands vor dem Staatsbankrott - ein Krimi mit ungewissem Ausgang.

Hamburg/Athen. Die Rettung Griechenlands vor dem Staatsbankrott entwickelt sich zu einem Krimi mit ungewissem Ausgang. Europa und die Welt blicken heute mit Spannung auf das Parlament in Athen. Dort stellt Ministerpräsident Giorgos Papandreou am späten Abend die Vertrauensfrage für sich und sein Kabinett. Fällt seine neue sozialistische Regierungsmannschaft durch, rückt eine Staatspleite näher - mit absehbar schweren Erschütterungen des weltweiten Finanzsystems.

Verliert Papandreou im Parlament, müssen eine neue Regierungskoalition gebildet oder Neuwahlen angesetzt werden. Beides könnte die Verabschiedung eines weiteren Spar- und Privatisierungsprogramms für Griechenland durch das Parlament verzögern. Weitere Einsparungen aber sind die Voraussetzung für die Vergabe eines Zwölf-Milliarden-Euro-Kredits durch die Euro-Länder. Fließt dieses Geld nicht, schlittert Griechenland im Juli absehbar in die Staatspleite.

Finanzexperten zweifeln an Bankenbeteiligung: "Freiwilligkeit ist unrealistisch"

Die Finanzminister der Euro-Länder hatten in der Nacht zu gestern die Freigabe einer weiteren Hilfszahlung an Athen abgelehnt. Vielmehr setzten die Euro-Länder Griechenland massiv unter Druck, bis Ende Juni den Weg für weitere Reformen frei zu machen. Zudem einigten sich die Minister darauf, künftig auch private Gläubiger wie Banken und Versicherungen an dem Hilfspaket für Griechenland zu beteiligen - allerdings nur auf freiwilliger Basis.

Finanzexperten zweifeln am Erfolg dieser Maßnahme. "Eine freiwillige Bankenbeteiligung ist sehr unrealistisch", sagte der Präsident des Bayerischen Finanzzentrums, Wolfgang Gerke, dem Abendblatt. Auch rechtlich sei es umstritten, ob Banken zulasten ihrer Aktionäre handeln dürften, um einen Staat zu retten. "Es handelt sich eher um eine verbale Beruhigungspille für die Bürger." In deutschen Regierungskreisen heißt es, dass maximal ein einstelliger Milliardenbetrag von deutschen Banken und Versicherungen zu erwarten sei.

Die Banken wollen sich nicht ohne Gegenleistung an der Rettung Griechenlands beteiligen. Der Bankenverband forderte wirtschaftliche Anreize, damit Institute neue Anleihen des verschuldeten Staates kaufen oder Kreditlaufzeiten verlängern.

Unterdessen wird die Rettung Griechenlands auch für den deutschen Staat zu einer immer abenteuerlicheren Investition. Die Europäische Union stockte gestern ihren befristeten Krisenfonds EFSF für Länder in finanzieller Schieflage von derzeit 440 Milliarden auf 780 Milliarden Euro auf. Deutschlands Anteil werde dabei von jetzt 123 auf 211 Milliarden Euro Garantien steigen, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Diese Summe belaste die Kasse des Bundes aber nicht automatisch: "Das ist ein Garantierahmen", sagte Schäuble.

Zudem einigten sich die EU-Kassenhüter darauf, von 2013 einen ständigen Hilfsfonds (ESM) für Krisenländer einzurichten. Die Europäer wollen damit vor allem die Finanzmärkte beruhigen, die an der finanziellen Stabilität von hoch verschuldeten Ländern wie Griechenland, Portugal oder Irland zweifeln. Viele Minister befürchten, dass die Griechenland-Krise weitere Euro-Staaten in Schwierigkeiten stürzen könnte - genannt werden in diesem Zusammenhang immer wieder Belgien oder Italien.

An den Finanzmärkten blieb es dennoch unruhig. Die europäischen Börsen reagierten mit Kursverlusten. Der Euro rutschte kurzzeitig ab, erholte sich am Nachmittag allerdings wieder.