Grenzkonflikt eskaliert: Sechs Menschen sterben bei stundenlangen Feuergefechten zwischen kambodschanischem und thailändischem Militär.

Bangkok. Der Grenzkonflikt zwischen Kambodscha und Thailand ist am Freitag erneut eskaliert. Mehrere Stunden lieferten sich die gegnerischen Streitkräfte ein heftiges Feuergefecht, auch Artillerie kam zum Einsatz. Sechs Soldaten kamen ums Leben. Beide Seiten hatten je drei Tote zu beklagen, zudem gab es insgesamt knapp 20 Verletzte. Die Ursache für den neuerlichen Ausbruch der Gewalt war zunächst unklar. Die thailändische Regierung sagte, sie ermittele noch. Es sei ein Waffenstillstand vereinbart worden, die Lage bleibe aber volatil.

Die Kämpfe vom Freitag ereigneten sich kambodschanischen Militärangaben zufolge rund um den Tempel Ta Krabey, der von beiden Ländern beansprucht wird. Beide Seiten hätten während der Kämpfe Raketenwerfer, Maschinengewehre und Gewehre eingesetzt, sagte er. Ein thailändischer Militärsprecher sagte, auch Artillerie sei zum Einsatz gekommen.

Der Grenzstreit zwischen Thailand und Kambodscha schwelt seit Jahrzehnten. Die Aufmerksamkeit konzentriert sich vor allem auf die Tempelanlage Preah Vihear, zu der es ein internationales Gerichtsurteil gibt. 1962 wurde die Anlage Kambodscha zugesprochen. Die Grenze ist allerdings 798 Kilometer lang und in weiten Teilen umstritten. Die jüngsten Gefechte fanden an einer anderen Tempelanlage rund 100 Kilometer westlich von Preah Vihear statt, am Tempel Ta Krabei, oder Ta Kwai auf thailändisch. Die Grenze zwischen den Nachbarländern ist theoretisch durch 73 Grenzsteine markiert. Allerdings fehlen viele der Steine, oder ihr Standort ist umstritten.

Die französischen Kolonialherren Kambodschas und Thailand einigten sich vor mehr als 100 Jahren auf die Wasserscheide im Dong Rak-Gebirge als Grenzverlauf. Nicht überall wurde das aber eingehalten: der Preah Vihear-Tempel aus dem 11. Jahrhundert liegt demnach auf thailändischem Gebiet, doch schlugen die Franzosen den Tempel auf ihren Karten Kambodscha zu. Lange protestierte Thailand nicht, ein Grund, den der internationale Gerichtshof in Den Haag 1962 in seinem Urteil zugunsten Kambodschas für seine Entscheidung nannte.

Der Tempel Ta Krabei/Kwai, übersetzt Tempel des Büffelauges, gehört zu der größeren hinduistischen Ta Muen-Tempelanlage und ist wie Preah Vihear etwa 900 Jahre alt. Er liegt ebenfalls unmittelbar an der umstrittenen Grenze.

Die Spannungen haben sich in den vergangenen Monaten wieder zugespitzt, nachdem thailändische Demonstranten die Regierung aufgefordert hatten, Kambodschaner aus der Region um den Tempel zu vertreiben.

(dpa/dapd/abendblatt.de)