Der Uno-Wunsch nach mehr Bundeswehr im Ausland stößt auf Skepsis. Oberst Kirch: Könnten Mühe haben, gegenwärtiges Niveau zu halten.

Hamburg/Berlin. Deutschland soll noch mehr Truppen für internationale Friedenseinsätze zur Verfügung stellen. Diese Forderung hat Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon erhoben. "Wir hoffen auf eine stärkere deutsche Unterstützung", sagte Ban gestern in einem Interview mit der Deutschen Presse Agentur. Der frühere südkoreanische Außenminister, der das höchste Uno-Amt 2007 vom Ghanaer Kofi Annan übernommen hatte, betonte, die Vereinten Nationen seien zwar dankbar für die mehr als 200 Soldaten, die Deutschland für die Missionen im Libanon oder im Sudan bereitgestellt habe.

Insgesamt gebe es allerdings derzeit mehr als 120.000 solcher Uno-Einsatzkräfte in 15 verschiedenen Missionen weltweit. Und der Bedarf an weiteren Soldaten nehme ständig zu. Da Deutschland für die nächsten zwei Jahre nicht Ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sei, habe es ohnehin eine größere Verantwortung für die internationale Sicherheit und die Durchsetzung der Menschenrechte übernommen.

Ban Ki-moon stellte in diesem Zusammenhang auch den Ausbau des Uno-Standortes Bonn in Aussicht - allerdings soll dies wohl in erster Linie mit deutschen Geldern geschehen. Der Südkoreaner sagte: "Natürlich erwarten wir, dass dort auch mit großzügiger deutscher Unterstützung weitere Uno-Agenturen angesiedelt werden können." Als drittgrößter Beitragszahler habe Deutschland schon jetzt einen ganz erheblichen Anteil an der Arbeit der Vereinten Nationen, betonte der Uno-Generalsekretär.

"Wer an der Gestaltung der internationalen Sicherheit teilhaben will und einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen anstrebt, muss im Vergleich zu anderen auch größere Verantwortung übernehmen", sagte der Bundesvorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, Oberst Ulrich Kirsch, dem Abendblatt dazu. Kirsch fügte allerdings hinzu: "Wenn die Streitkräfte durch fehlende Finanzmittel weiter verzweigen, ist eine größere Beteiligung nicht mehr darstellbar; die Bundeswehr wird dann sogar Mühe haben, das Engagement auf dem gegenwärtigen Niveau zu halten."

Als 82-Millionen-Volk müsse Deutschland die Frage beantworten, "welche Rolle es bei der Gestaltung der internationalen Sicherheit spielen will und muss - und das dafür erforderliche Geld in die Hand nehmen." Kirsch ist seit Januar 2009 Chef des größten Interessenverbandes aktiver und ehemaliger Soldaten mit rund 200.000 Mitgliedern.

Rund 7000 deutsche Soldaten sind derzeit in rund einem Dutzend Auslandseinsätzen tätig - für die Nato (Afghanistan, Anti-Terror-Einsätze "Active Endeavour" und "Enduring Freedom", Kosovo), die Europäische Union (Kongo, Bosnien-Herzegowina; Somalia) und die Vereinten Nationen (Georgien, Äthiopien, Südsudan, Aceh/Sumatra, Libanon).

Zwar hatte sich die Bundeswehr bereits ab 1960 an humanitären Hilfsaktionen beteiligt, etwa bei Erdbeben im marokkanischen Agadir, im italienischen Friaul oder im Iran. Doch erst nach der Wiedervereinigung begann 1990 die Debatte um mögliche friedenserhaltende und friedenssichernde Maßnahmen der Bundeswehr außerhalb des Bündnisgebietes des Atlantikpakts ("Out-of-Area").

1991 beteiligte sich die Bundesmarine an einer Minenräumung im Persischen Golf, 1993 errichtete die Bundeswehr ein Feldlazarett im kambodschanischen Phnom Penh; ein Bundeswehrsoldat wurde dort erschossen - er war das erste der bislang 89 deutschen Todesopfern von Auslandseinsätzen.

Ban zeigte sich besonders besorgt über die anhaltende Bedrohung der Schifffahrtsrouten am Horn von Afrika durch somalische Piraten. Die internationale Staatengemeinschaft müsse die staatlichen Institutionen in Somalia stärken, um mit diesem Konflikt fertig zu werden. Eine derartige Strategie allein würde aber vermutlich nicht ausreichen, um das Problem der internationalen Piraterie zu lösen. Nötig sei zum Beispiel auch der Aufbau eines einheitlichen Justizsystems zur Aburteilung festgenommener Piraten.

Der Uno-Generalsekretär ließ offen, ob er sich nach Ablauf seiner ersten fünfjährigen Amtszeit im Dezember 2011 zur Wiederwahl stellen wird. Ban Ki-moon sagte, es sei noch zu früh, über ein zweites Mandat nachzudenken, da er noch mit einer ganzen Reihe internationaler Probleme befasst sei. Er werde seine ganze Energie in der kommenden Zeit zunächst einmal darauf konzentrieren, bevor er sich seiner persönlichen Zukunft zuwende.