Gipfel in Lissabon strebt Abzug aus Afghanistan bis 2014 an

Hamburg/Lissabon. "Der Kalte Krieg ist endgültig zu Ende", hat Bundeskanzlerin Angela Merkel am Rande des Gipfels der Staats- und Regierungschefs der Nato in Lissabon am Wochenende gesagt. Und Russlands Präsident Dmitri Medwedew unterstrich, die Kooperation habe "die Eiszeit beendet".

Zwischen West und Ost wurde in Lissabon ein neues Kapitel aufgeschlagen. Als Schutzgemeinschaft des Westens gegen den militärischen Druck der Sowjetunion, die 1955 ihre schwer bewaffneten Satellitenstaaten in Osteuropa im Warschauer Pakt um sich scharte, war die Nato 1949 gegründet worden. Dieser Pakt ist längst Geschichte, Osteuropa frei - und in jüngster Zeit wird sogar ganz offen über die Vision eines Beitritts Moskaus zur Nato debattiert, die derzeit allerdings noch reine Utopie ist. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hält dies theoretisch durchaus für möglich. Der frühere Verteidigungsminister Volker Rühe hatte im März im "Spiegel" gefordert, die Nato solle Moskau "die Tür öffnen".

Und das russische Institut Insor, in dessen Kuratorium Präsident Dmitri Medwedew sitzt, führte kürzlich eine Nato-Mitgliedschaft in einem Strategiepapier als Option auf. Dagegen erklärte Russlands Nato-Botschafter Dmitri Rogosin, 48, zu seinen Lebzeiten werde das nicht mehr passieren.

Doch die zuletzt wegen des Georgienkriegs und des geplanten Nato-Raketenschirms in Osteuropa wieder angespannte Situation zwischen Russland und dem Westen ist in Bewegung geraten. Hatte die US-Regierung unter George W. Bush noch eine Politik ohne Rücksicht auf Russland betrieben und unter eklatantem Bruch der Zusagen gegenüber Moskau eine Nato-Osterweiterung bis an die russischen Grenzen gefördert, so bot sein Nachfolger Barack Obama nun an, das Raketenabwehrsystem gemeinsam zu betreiben.

Dass Medwedew in Lissabon zusagte, diese Beteiligung ernsthaft zu prüfen, könnte auch in der militärischen Kooperation einen Neuanfang in den Beziehungen zu Russland bedeuten: Nicht mehr gegeneinander, sondern miteinander mit Waffen für Sicherheit zu sorgen. Russland sei nun "Partner und nicht mehr Feind", sagte Obama in Lissabon.

Die Nato benötigt die Kooperation mit Russland aber auch bei dem Einsatz in Afghanistan. Moskau gewährt dem Westen den Nachschub-Transit und will sich auch an der Ausbildung von afghanischen Sicherheitskräften beteiligen - dem Schlüsselelement für einen Abzug der 48 beteiligten Staaten mit ihren rund 150 000 Mann. Der soll - zumindest was die Kampftruppen anbelangt - bis 2014 beendet sein, wurde in Lissabon erklärt. Man wolle die Afghanen "wieder zum Herrn im eigenen Haus machen", formulierte Anders Fogh Rasmussen.

Am Freitagabend war in Lissabon ein neues strategisches Konzept verabschiedet worden. Zu den Bedrohungen des 21. Jahrhunderts zählt die Nato nun auch Internetattacken oder die Blockade internationaler Handelswege - sprich Piraterie. Zu ihrer Abwehr soll ein globales Sicherheitsnetz mit internationalen Partnerschaften aufgebaut werden - etwa mit Uno und EU.