Nach dem Bombenfund verhängen die Behörden ein Einflugverbot für alle Maschinen aus dem Jemen

Berlin. Der Fund von zwei Paketbomben in Großbritannien und Dubai hat die Sicherheitsbehörden weltweit in Alarmbereitschaft versetzt: Frankreich und Großbritannien haben alle Frachtflüge aus dem Jemen gestoppt, die Bundesregierung verhängte ein Einflugverbot für alle Flüge aus dem Land. Zudem prüft Berlin Verschärfungen im Frachtverkehr. Dazu gehöre ein Einfuhrverbot von Lieferungen auch aus anderen Ländern als dem Jemen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Vom Jemen aus waren die Sprengsätze verschickt worden.

Die Bundesregierung stuft die Terrorgefahr als ernst ein. Gestern wurde ein Arbeitsstab von Auswärtigem Amt, Verkehrs- und Innenministerium sowie den Sicherheitsbehörden eingerichtet, der Beratungen über eine Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen aufnahm. Angestrebt werde ein EU-weites Vorgehen zusammen mit den USA, sagte Seibert. Auch Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) beriet mit mehreren Ministerien über Konsequenzen.

Eines der für die USA bestimmten Sprengstoffpakete war vom Jemen aus über den Flughafen Köln/Bonn nach Großbritannien geschickt worden. US-Ermittler vermuten den mutmaßlichen Al-Qaida-Terroristen Ibrahim Hassan al-Asiri hinter den Attentatsplänen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) besuchte gestern Abend den Flughafen Köln/Bonn, um sich ein Bild von der Sicherheitslage im Frachtverkehr zu machen. Eine Nahost-Reise hatte er abgesagt. Deutschland war seiner Einschätzung nach in diesem Fall kein Anschlagsziel.

Aus Sicherheitskreisen verlautete aber, die abgefangenen Paketbomben seien voll funktionsfähig gewesen und hätten großen Schaden anrichten können. "Wir gehen davon aus, es hätte funktioniert", hieß es. Die beiden Bomben mit 300 beziehungsweise 400 Gramm geruchslosem Sprengstoff PETN waren in handelsüblichen HP-Laserjet-Druckern versteckt und mit einem ausgeklügelten Zündmechanismus versehen. Nicht bestätigt wurden Angaben, dass die für Chicago aufgegebenen Bomben an Bord der Frachtmaschine hätten explodieren sollen.

Das Parlamentarische Kontrollgremium wird sich am Donnerstag in einer Sondersitzung in Berlin mit den Paketbomben beschäftigen. Zu der auch von der SPD geforderten Sitzung hat der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Peter Altmaier (CDU), eingeladen.

Die Regierung wies Darstellungen zurück, die Behörden seien von den Vorgängen überrascht worden. "Der Frachtverkehr ist immer Gegenstand von Kontrollen gewesen", sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Die Informationen seien "unglaublich schnell" weitergegeben und bearbeitet worden. Auch Seibert betonte: "Es gibt da keine Überraschungen." Die deutschen Sicherheitsbehörden hätten sehr rechtzeitig erfahren, "dass sich diese Fracht auf dem Weg" befinde. Der Frachtverkehr sei aber nicht so leicht in den Griff zu bekommen wie der Personenverkehr.

Der Hauptgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV), Ralph Beisel, warnte vor Schnellschüssen. "Die Vorfälle der vergangenen Tage müssen zunächst detailliert aufgeklärt werden." Erst nach Analyse des Verlaufs der Frachtsendung könnten eventuell notwendige Konsequenzen für die Kontrollen bei der Luftfracht gezogen werden.

An den 23 internationalen Verkehrsflughäfen in Deutschland wurden

2009 laut ADV 3,6 Millionen Tonnen Luftfracht umgeschlagen. Grundsätzlich müssen Luftfrachtsendungen vor der Verladung kontrolliert werden, sagte Beisel. Gleiches gelte für Transferfracht, die aus Drittländern außerhalb der EU umgeladen wird. Seit April gibt eine EU-Verordnung den Rahmen für eine "sichere Lieferkette" vor. Danach müssen Unternehmen in Deutschland durch lückenlose Kontrollen einen sicheren Transport von Fracht garantieren. Dazu müssen sie durch das Luftfahrtbundesamt als "Reglementierte Beauftragte" oder "Bekannte Versender" zertifiziert werden.