Gesundheitskommissar will Nichtraucherschutz verschärfen und Tabak aus allen Gaststätten und Kneipen verbannen. Wirtschaft protestiert.

Hamburg. Die EU-Kommission will den Kampf Kampf gegen das Rauchen gegen das Rauchen deutlich verstärken. "Das Ideal ist ein rauchfreies Europa", sagte EU-Gesundheitskommissar John Dalli der Zeitung "Die Welt". Er kündigte an, dass die Kommission im kommenden Jahr neue Gesetzespläne vorlegen werde. Ziel der neuen Tabakproduktrichtlinie werde es sein, Rauchen in allen EU-Ländern weniger attraktiv und weniger gesundheitsschädlich zu machen. Dies könnte durch eine maßgebliche Verringerung giftiger und süchtig machender Inhaltsstoffe wie Nikotin geschehen.

Dalli schlug überdies vor, Zigaretten schwerer zugänglich zu machen, indem sie beispielsweise nicht mehr sichtbar in einem Geschäft ausgestellt werden dürfen. Auch Änderungen bei den Zigarettenverpackungen seien wünschenswert. "Je einheitlicher und schmuckloser die Zigarettenverpackungen sind, desto besser", sagte der EU-Kommissar. Außerdem könnten abschreckende Warnbilder und ausführliche Hinweise zu schädlichen Inhaltsstoffen auf den Zigarettenpackungen erscheinen.

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Dalli forderte zudem die konsequente Einführung von rauchfreien Zonen in der EU. "Wir brauchen ein komplettes Rauchverbot in allen öffentlichen Räumen, Verkehrsmitteln und am Arbeitsplatz", sagte der aus Malta stammende Konservative der "Welt". Auch Ausnahmen für Eckkneipen und Bierzelte halte er nicht für sinnvoll. Schließlich gehe es "nicht nur um die Gesundheit der Besucher, sondern auch der Angestellten".

Sebastian Frankenberger, der im Sommer mit einem erfolgreichen Volksentscheid ein totales Rauchverbot in bayerischen Gaststätten durchgesetzt hat, nannte den EU-Vorstoß "dringend notwendig". Gesundheitsschutz und Jugendprävention mache nun einmal nicht vor Ländergrenzen halt. "Außerdem brauchen wir im Sinne aller Wirte eine faire und einheitliche Lösung in ganz Europa."

Bei Wirtschaftsvertretern stieß der EU-Vorstoß dagegen auf wenig Gegenliebe. "Wir sehen bei British American Tobacco keinen Bedarf, das legale Produkt Zigarette noch weiter zu reglementieren", sagte ein Sprecher des Zigarettenproduzenten BAT dem Abendblatt. "Pläne für neutrale Einheitspackungen oder Verbote, unsere Produkte im Geschäft zu präsentieren, halten wir für stark überzogen, denn sie wären ein eklatanter Verstoß gegen geltendes Grund- und Markenrecht und gegen das Recht auf den freien Handel für ein legales Produkt." Schon heute gebe es in Deutschland und der EU ein enges Regelwerk, das zum Teil über vernünftige Maßstäbe hinausgehe.

Auch der deutsche Gaststättenverband Dehoga sieht keinen Handlungsbedarf. "Unserer Ansicht nach ist eine weitere Verschärfung der Nichtraucherschutz-Bestimmungen nicht notwendig", sagte Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges dem Abendblatt. "Vorhandene Probleme sind auch ohne erneuten Eingriff des Gesetzgebers lösbar, die bestehenden Regelungen müssen nur umgesetzt und kontrolliert werden." Derzeit gebe es in den einzelnen Bundesländern bereits Regeln "mit Augenmaß". Von einem völligen Rauchverbot wären laut Hartges zwar nur etwa zehn Prozent der rund 190 000 Gaststätten in Deutschland betroffen. "Aber gerade Eckkneipen und Raucherlounges würde es ganz hart treffen."

Ein Sprecher der Hamburger Gesundheitsbehörde sagte dem Abendblatt: "Grundsätzlich wäre eine bundeseinheitliche Regelung zu begrüßen, denn sie würde wegführen von dem derzeitigen Flickenteppich an Regeln." So eine Regelung dürfe aber nicht hinter die bestehende Hamburger Regelung zurückfallen.

In Hamburg, wo in Einraumkneipen und Bars mit bis zu 75 Quadratmetern geraucht werden darf, hatte der Landesverband der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) im Juli eine Volksinitiative gestartet, die in einem Volksentscheid für ein striktes Rauchverbot münden soll. Der Erfolg ist bislang allerdings mäßig, rund 4000 Unterschriften haben die Initiatoren mittlerweile zusammen. Bis Anfang Januar müssen es 10 000 sein. "Das ist noch ein ganzes Stück Arbeit", sagt Landesgeschäftsführerin Verena Häggberg. Es handele sich um ein hoch emotionales Thema, sagte Häggberg. Sie und ihre Mitstreiter seien auch angefeindet und bedroht worden, sagte die Aktivistin.