Selbst die eingeweihten US-Reporter durften über den plötzlichen Abzug nicht berichten. Ohne neue Regierung bleibt die Lage im Irak instabil.

Bagdad/Washington. Der Einmarsch begann mit nächtlichen Bombardierungen und Leuchtfeuern über dem Himmel von Bagdad. Das Ende der US-Mission im Irak erfolgte nach siebeneinhalb Jahren in aller Stille. Zwei Wochen früher als angekündigt haben die letzten US-Kampftruppen nach amerikanischen Medienberichten den Irak verlassen. Dies markiere das Ende der „Operation Iraqi Freedom“ („Operation Irakische Freiheit“), zitiert der Sender MSNBC den Sprecher des US-Außenministeriums Philip Crowley. Es handele sich um einen historischen Moment.

US-Präsident Barack Obama hatte vor Bekanntwerden der Nachricht im US-Bundesstaat Ohio gesagt: „Wir halten das Versprechen, das wir gemacht haben. Unsere Kampfmission drüben im Irak wird vorbei sein.“ Der Rückzug der rund 14.000 Soldaten umfassenden Truppeneinheit hatte nach Angaben der „Washington Post“ bereits am Sonnabend begonnen. Die Truppen hätten den knapp 600 Kilometer langen Weg über Land zurücklegen müssen.

Die eingebetteten Reporter durften nicht berichten

Die in die Armee eingebetteten Reporter mussten der Zeitung zufolge bis zum Donnerstag Stillschweigen über den Rückzug bewahren, um die Truppen nicht in Gefahr zu bringen. Nach Informationen des Fernsehsenders CNN sind nun noch 56.000 US-Soldaten im Land. 6000 weitere, die Teil von Spezialeinheiten sind, sollen bis Ende des Monats den Irak verlassen. Der Nachrichtensender Fox News berichtete, es gebe noch Kampftruppen mit einer Stärke von 2600 Mann im Irak, die aber auch in den kommenden Tagen abziehen würden.

Es gibt noch keine neue Regierung, der Terror geht weiter

Am 1. September beginnt die Operation „New Dawn“. Sie sieht vor, dass die verbleibenden Soldaten irakische Sicherheitskräfte ausbilden und ihnen bei der Terrorbekämpfung helfen. Diese restlichen regulären Truppen sollen nach dem Willen Obamas den Irak bis Ende 2011 verlassen. Der Präsident hatte den kompletten Rückzug damit begründet, sich verstärkt auf den Anti-Terror-Kampf in Afghanistan konzentrieren zu wollen.

Nach Informationen der „New York Times“ wollen die USA bis zu 7000 private Sicherheitskräfte einstellen, um ihre Diplomaten und Mitarbeiter nach Abzug der letzten Soldaten zu schützen. Das Ende der Kampfoperation gilt als großer Einschnitt für die irakische Regierung, da sie größere Verantwortung für die Sicherheit in dem Land übernehmen muss. Allerdings gibt es auch fünf Monate nach den Parlamentswahlen noch immer keine neue Regierung. Eine jüngste Runde von Verhandlungen zwischen den beiden stimmstärksten Blöcken, der Rechtsstaat-Allianz des amtierenden Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki und der Al-Irakija-Liste des Wahlsiegers Ijad Allawi, wurde zu Wochenbeginn erneut abgebrochen.

Vor dem Abzug der US-Kampftruppen hatten auch die Aufständischen ihre Angriffe auf die irakischen Sicherheitskräfte verstärkt. Erst am Dienstag ereignete sich der schwerste Einzelanschlag im Irak seit Jahresbeginn. Bei einem Attentat auf Armee-Bewerber in Bagdad kamen 58 Menschen ums Leben. Im Mai waren bei einer Serie von Attentaten fast 100 Menschen getötet worden. Seit der Invasion des Landes im März 2003 starben mehr als 4400 US-Soldaten in dem Krieg.