Mit hartem Kurs gegen Roma und den Bildern eines Turtel-Urlaubs will Frankreichs Präsident die Pleiten seiner Regierung überspielen.

Hamburg. Wer sich für multikulturelle Abstammungslinien begeistern kann, dürfte am französischen Präsidenten seine helle Freude haben. Nicolas Sarkozy ist der Sohn des ungarischen Immigranten Pal Sarközy von Nagybocsa; seine Mutter Andre Mallah ist eine Nachfahrin sephardischer Juden aus dem griechischen Thessaloniki. Und wie man weiß, ist seine Frau Carla Bruni gebürtige Italienerin. Und Co-Fürst des Pyrenäen-Zwergstaates Andorra ist "Sarko" auch noch.

Dieses pralle Multikulti-Paket hindert den Staatschef allerdings nicht daran, derzeit mit stramm nationaler Politik auf Wählerfang am rechten Rand des Parteienspektrums zu gehen.

So will der Präsident, der 2005 schon als Innenminister eine recht lebhafte Debatte auslöste, als er anregte, das zumeist aus nordafrikanischen Immigranten zusammengesetzte jugendliche "Gesindel" in den trostlosen Pariser Vorstädten mit dem Hochdruckreiniger zu entsorgen, nun kriminelle Immigranten abschieben. Nun wird sozusagen "gekärchert" - gerade hat Innenminister Brice Hortefeux 40 von Roma und Sinti bewohnte illegale Lager auflösen lassen ; 700 der Bewohner sollen umgehend nach Rumänien und Bulgarien abgeschoben werden. Im Juli hatte Sarkozy die insgesamt 600 Lager im Land als Quelle von Menschenhandel und Prostitution bezeichnet und angekündigt, sie binnen dreier Monate schließen zu lassen. Schon im letzten Jahr hatte Sarkozy 10 000 Roma gegen 300 Euro Handgeld abgeschoben - die meisten kamen allerdings gleich wieder.

Die rund 400 000 "Landfahrer" in Frankreich stellen eine eigene Verwaltungskategorie; 95 Prozent von ihnen sind inzwischen Franzosen und können eigentlich gar nicht abgeschoben werden. Doch Sarkozy hat den Plan aufgelegt, kriminellen Immigranten kurzerhand die Staatsbürgerschaft zu entziehen . Sozialistenchef Michel Rocard warnte bereits vor einem Bürgerkrieg und wies spitz darauf hin, dass es einen derartigen Entzug der Staatsbürgerschaft zum letzten Mal unter dem Vichy-Regime in den Zeiten der deutschen Besatzung gegeben habe - zulasten der Juden.

Doch seitdem der Präsident am 30. Juli mit großen Fanfarenstößen seine Pläne zur Inneren Sicherheit verkündet hatte, schwillt seine Regierungspartei UMP erheblich an: Gut 15 000 Mitgliedsanträge sind bereits eingegangen. Auch steigen die Zustimmungsraten für Sarkozys Politik in den Umfragen. Da kann er getrost den für ihn peinlichen Zufall verschmerzen, dass ausgerechnet jetzt die Stätte des größten Konzentrationslagers für Sinti und Roma der Nazizeit in Montreuil-Bellay zum historischen Denkmal erklärt wurde.

Der aktuelle Auslöser für die Offensive gegen die "Landfahrer" war, dass ein krimineller Roma beim Durchbrechen einer Polizeisperre erschossen wurde und wütende Roma daraufhin einen ländlichen Gendarmerieposten angriffen. Doch den eigentlichen Antrieb für Sarkozys Vorstoß wittert die Opposition in der Negativbilanz der Regierung in Sachen Innerer Sicherheit - vor allem aber in der unappetitlichen Steuer- und Spendenaffäre um die superreiche L'Oreal-Erbin Liliane Bettencourt, in die konservative Politiker wie der einflussreiche Arbeitsminister Eric Woerth verwickelt sind. Demnach wäre Sarkozys Vorstoß ein klassisches Ablenkungsmanöver.

Der weit attraktivere Teil der Ablenkung findet derzeit aber nicht in Paris, sondern am sonnendurchglühten Cap Nègre bei Le Lavandou an der Cote d'Azur statt. In der dortigen Villa von Carla Brunis vermögender Familie urlaubt das betont turtelnde Präsidentenpaar auch dieses Jahr drei Wochen lang. Im Volksmund heißt die krokodilförmige Landzunge längst "Cap Carla". Fotos des rennradfahrenden Präsidenten, der sich abstrampelt, als gelte es, die Tour de France nachträglich noch für Frankreich zu gewinnen, vor allem aber seiner langmähnigen Gattin, wie sie anmutig im offenen Bademantel über die Felsen turnt, ziehen das Interesse der Franzosen auf sich. So war die ansehnliche Carla einst Topmodel mit 7,5 Millionen Euro Jahresgage und wusste gar in einer Talkshow saftige Sex-Tipps zu erteilen. Frankreich sieht dem Glamourpaar fasziniert zu - da kann der Antirassismus-Ausschuss der Uno noch so viele Bedenken über Sarkozys Politik anmelden.