Heute, am “Super Tuesday“, fällt die Vorentscheidung über den Kandidaten der US-Republikaner. Dabei ist sehr viel Geld im Spiel.

Washington. Zwei Monate nach Beginn der US-Vorwahlen stehen die republikanischen Bewerber für die Präsidentschaftskandidatur vor ihrem wichtigsten Test. Der sogenannte "Super Tuesday", der "Super-Dienstag", mit Wahlen in zehn Bundesstaaten könnte heute für den Favoriten Mitt Romney und seine drei Verfolger zum Schicksalstag werden. Es geht um 437 Delegierte für den Nominierungsparteitag im August. Wer zum Herausforderer von Amtsinhaber Barack Obama gekürt werden möchte, benötigt 1144 Stimmen.

Der Multimillionär Romney geht mit deutlichem Rückenwind in den Mega-Wahltag, an dem in Alaska, Georgia, Idaho, Massachusetts, North Dakota, Ohio, Oklahoma, Vermont, Virginia und Tennessee gewählt wird. Nach seinem Sieg am Sonnabend im Staat Washington konnte er bereits sieben Vorwahlen für sich entscheiden, sein ärgster Kontrahent, der Ex-Senator Rick Santorum, nur drei.

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Die wahren Stars im amerikanischen Wahlkampf tragen aber Namen wie Kindergebete: Hinter "Gib uns die Zukunft zurück" ("Restore Our Future") und "Mach uns wieder groß" ("Make Us Great Again") verbergen sich Gruppen, die für Kandidaten Spenden eintreiben und Wahlspots schalten, ohne offiziell in ihrem Namen zu handeln. "Super-Political Action Committees" (Super-Pacs) nennen sich diese Kampfverbände, die mit ihrem Geld auch aussichtslose Protestkandidaten am Leben erhalten und Konkurrenten in Angriffsspots niedermachen. Mindestens 51 Millionen Dollar haben Super-Pacs der wichtigsten republikanischen Kandidaten bisher in den Vorwahlkampf gepumpt. Jeder von ihnen verdammt die Super-Pacs der anderen, keiner kann ohne sie überleben. Es kommt noch schlimmer: Hinter den Super-Pacs stehen zwei Dutzend Milliardäre und Multimillionäre, die Puppenspielern gleich die Kandidaten tanzen lassen. Amerikas Demokratie, die immer schon im Geld schwamm, droht zu ertrinken.

Ohne die Schecks des Kasino-Magnaten Sheldon Adelson wäre Newt Gingrich aus Geldmangel schon zwei Tode gestorben. Zehn Millionen Dollar überschrieb Adelson, dessen Vermögen auf über 20 Milliarden Dollar geschätzt wird, dem Super-Pac "Unsere Zukunft gewinnen" ("Winning Our Future"). "Vielleicht gebe ich ihm 100 Millionen", prahlte Adelson. "Ich bin eigentlich dagegen, dass sehr reiche Leute Wahlen beeinflussen", fügte er hinzu, "aber solange man es tun kann, tue ich es." Ähnlich sah das im Januar 2010 das mehrheitlich konservativ besetzte Oberste Bundesgericht; es entschied, dass auch Unternehmen und Gewerkschaften aus Menschen bestehen, zu deren Grundrecht auf Meinungsfreiheit politische Spenden zählen. Folglich können sie in unbegrenzter Höhe Geld in Wahlkämpfe leiten, solange es nicht an Kandidaten direkt, sondern an Pacs fließt, die sich Themen, nicht Personen verpflichtet sehen. Politiker dürfen direkt von einem Gönner höchstens 5000 Dollar pro Wahlkampf annehmen. So sahen es Gesetze vor, die Lehren aus dem Watergate-Skandal zogen. Sie verbieten den Pacs, ihr Handeln mit dem Nutznießer zu "koordinieren". Die Naivität der Rechtsprechung ist atemberaubend. Antonin Scalia, einer der Obersten Richter, verteidigte den Spruch: "Wem das System (der Wahlkampffinanzierung) verrückt erscheint, kann das nicht dem Gerichtshof anlasten." Der Supreme Court hätte die Gesetze nicht verfasst, sondern nur entschieden, dass sie verfassungskonform seien. Zur Flut negativer Wahlspots bemerkte Scalia: "Die Leute sind nicht blöde. Wenn es ihnen reicht, schalten sie ab."

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Das ist keine Frage von Dummheit, sondern von Macht und Ohnmacht. Niemand kann im Ernst bestreiten, dass Superreiche über die Super-Pacs ihre Meinung lauter und einflussreicher vertreten können als Bürger mit begrenzten Mitteln. Die Hedgefonds-Manager John Paulsen und Julian Robertson halten Romneys Super-Pac mit Millionen flüssig; der Investor Foster Frieses reanimiert Rick Santorums patriotisches "Rot, Weiß und Blau"-Super-Pac; Peter Thiel, einer der PayPal-Gründer, begeistert sich für Ron Paul und dessen "Unterstütze die Freiheit", Sheldon Adelson endlich hält Newt Gingrich am Halsband. Die Republikaner haben die Pacs nicht erfunden. Im Wahlkampf 2004 spendeten die beiden Milliardäre George Soros und Peter Lewis jeweils 23 Millionen Dollar an linksliberale Gruppen der Demokraten. Neu ist nicht der Versuch, Wahlen zu "kaufen". Beispiellos ist die Macht der Super-Pacs, deren Möglichkeiten in diesem Wahljahr die Spendeneinnahmen jedes Kandidaten weit übertreffen. Immer weniger Amerikaner beeinflussen mit immer mehr Geld die Wahlen zum Präsidenten.

Barack Obama war aus diesem Grund strikt gegen die Super-Pacs. Das Urteil des Obersten Bundesgerichts habe ein Jahrhundert der Rechtsprechung umgeworfen und Fluttore geöffnet. "Ich glaube nicht", sagte der Präsident in seiner Rede zur Lage der Nation 2010, "dass amerikanische Wahlen von den Mächtigsten Amerikas finanziert werden sollten. Sie sollten vom amerikanischen Volk entschieden werden." Bis Anfang Februar blieb Obama abstinent. Dann gab er Beratern nach, die gegen "einseitige Abrüstung" argumentiert hatten. Das demokratische Super-Pac mit dem Namen "Aktion Vorrang USA" und andere Gruppen hatten zusammen nur 19 Millionen Dollar eingeworben, während die Republikaner sich dem Dreifachen näherten. Das Team des Präsidenten hat es sich zum Ziel gesetzt, bis zum Wahltag eine Milliarde Dollar zusammenzuraffen. "Noch eine Wahlkampagne steht zum Verkauf", überschrieb die "New York Times" einen Leitartikel, der Obama für den Verrat an seinen Prinzipien angriff. Statt Romney dafür kritisieren zu können, sich zum Büttel der Reichen zu machen, spiele Obama dasselbe Spiel.