Das Swift-Abkommen ließ die USA auf Bankdaten von EU-Bürgern zugreifen. Das EU-Parlament hat es abgelehnt, will nun neu verhandeln.

Brüssel/Washington. Das Europaparlament hat seine Muskeln spielen lassen. Trotz des diplomatischen Dauerfeuers aus den USA haben die Parlamentarier das umstrittene Swift-Abkommen gekippt. Mit einem neuen Selbstbewusstsein hat das kleine Parlament der großen Weltmacht USA Grenzen gesetzt. Bei der Terroristenjagd haben US-Fahnder nun nicht mehr automatisch Zugriff auf private Bankdaten von Millionen Europäern, die ins außereuropäische Ausland Geld überweisen. Statt systematischer Fahndung müssen sie jetzt in jedem Einzelfall um Auskunft bitten.

Monatelang haben die USA und die EU um den Datenschutz europäischer Bankkunden gestritten. Mit 378 zu 196 Stimmen lehnten die Abgeordneten die Vereinbarung ab, die damit außer Kraft gesetzt ist. Viele Abgeordnete hatten Bedenken wegen des mangelhaften Datenschutzes und der ungenügende Klagemöglichkeiten von Bürgern, die sich gegen das Überwachen ihrer Zahlungen rechtlich wehren wollen.

Das Aus für das Bankdaten-Abkommen hatte in den USA für Verblüffung gesorgt. „Das Europäische Parlament übt seine neue Macht aus“, stellte das „Wall Street Journal“ fest.

Die EU-Kommission will nun bald neue Verhandlungen mit den USA aufnehmen. Allerdings ließ die Brüsseler Behörde Zweifel daran durchblicken, ob die US-Regierung dazu bereit ist. „Ich hoffe, dass wir ein neues Abkommen mit ambitionierten Sicherheitsstandards für die Privatsphäre und den Datenschutz erreichen können“, sagte EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström in einer ersten Reaktion am Donnerstag in Brüssel. Man werde gemeinsam mit den USA den Handlungsspielraum ausloten.

Die USA hatten vor der Abstimmung im Parlament damit gedroht, im Fall eines Nein die Gespräche auf der EU-Ebene abzubrechen und bilateral mit einzelnen Staaten zu verhandeln. Um die Bedenken des Europaparlaments zu zerstreuen, sagte EU-Justizkommissarin Viviane Reding zu, mit den USA auch über ein Abkommen zum Datenschutz zu sprechen. „Eine solche Vereinbarung wäre die andere Seite der Münze“, sagte Reding.

Die Vereinbarung ermöglichte US-Fahndern zur Terrorabwehr seit dem ersten Februar den Zugriff auf die Daten von Banküberweisungen, die über den globalen Finanzdienstleister Swift verrechnet werden. Betroffen sind Banküberweisungen der Europäer ins außereuropäische Ausland wie in die USA, Afrika und Asien – nicht aber Transaktionen innerhalb der EU. Hinter dem Kürzel Swift (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) steckt ein belgischer Finanzdienstleister, der neun von zehn Auslandsüberweisungen der EU-Bürger abwickelt. Seit Jahren zapfen die USA dort sensible Daten wie Name, Empfänger und Höhe von Überweisungen an.

Swift weigerte sich aber, vor der Entscheidung des EU-Parlaments Daten weiterzugeben. Nach der Ablehnung des Parlaments müssen die zuständigen Behörden in den USA auch weiterhin in jedem Einzelfall einen Antrag beim belgischen Finanzdienstleister Swift stellen.

Auch in der Bundesregierung hatte das Abkommen für Zwist gesorgt. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) lehnte den Vertrag ab. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte dagegen den Weg zu der Vereinbarung mit einer Enthaltung im EU-Ministerrat frei gemacht. Das Abkommen sei besser als die bisherige Rechtsgrundlage, so Maizière.

Diplomaten fürchten, dass das Scheitern des Abkommens das Verhältnis mit den USA belastet. Vor der Abstimmung des EU-Parlaments hatten die USA die Europa-Abgeordneten stark unter Druck gesetzt.