Der Grieche ist optimistisch, dass beim Weltklimagipfel ein Durchbruch im Kampf gegen die Erderwärmung gelingt.

Hamburg/Brüssel. Abendblatt: Kommissar Dimas, wird der Weltklimagipfel in Kopenhagen ein Erfolg?

Stavros Dimas: Ich bin überzeugt, dass Kopenhagen ein Erfolg wird. Zu viel steht auf dem Spiel: für die Menschen, für unsere Wirtschaft, für die Zukunft dieses Planeten.

Abendblatt: Was ist für Sie ein Erfolg?

Dimas: Erfolg ist für mich ein internationales und rechtlich verbindliches Folgeabkommen zum Kyoto-Protokoll, das umfassend, ehrgeizig und fair ist und sich auf Wissenschaftlichkeit stützt. Ein solches Abkommen sollte dem Ziel gerecht werden, die globale Temperatur nicht um mehr als zwei Grad Celsius über das vorindustrielle Niveau steigen zu lassen.

Abendblatt: Dürfen sich die Teilnehmerstaaten mit weniger zufriedengeben als einem weltweiten Klimaabkommen?

Dimas: Nein. Es ist eine grundlegende Voraussetzung, dass ein weltweites Abkommen herauskommt, das alle Staaten einschließt und von Industrienationen wie auch von Entwicklungsländern abverlangt, ihre Kohlendioxid-Emissionen zu reduzieren.

Abendblatt: Heißt konkret?

Dimas: Die einen müssen rechtlich bindende Zusagen machen, die anderen ihren fairen, aber freiwilligen Beitrag leisten. Ohne die Beteiligung von China und den USA werden wir die Klimakrise nicht unter Kontrolle bringen.

Abendblatt: Ist Europa noch Vorreiter beim Klimaschutz?

Dimas: Daran besteht kein Zweifel. Die Europäische Union hat sich schon sehr früh zu konkreten und ehrgeizigen Reduktionszielen verpflichtet. Bis 2020 will die EU ihren CO2-Ausstoß um 20 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren - selbst wenn keine anderen Staaten mitziehen. Wenn ein ehrgeizigeres internationales Abkommen erreicht wird, kann dieses Ziel auf 30 Prozent erhöht werden. Aber Europa hat sich nicht nur einfach hohe Ziele gesetzt, sondern auch Maßnahmen ergriffen, um diese Ziele umzusetzen.

Abendblatt: Nämlich?

Dimas: Ich nenne da nur das Emissionshandelssystem, das schon jetzt einige Erfolge aufzuweisen hat. Oder auch die neue EU-Richtlinie, die den CO2-Ausstoß von neuen Autos verbindlich reduziert. Kurzum: Wir haben eine Reihe wirksamer Maßnahmen beschlossen, die uns helfen sollen, unsere Ziele zu erreichen und damit erfolgreich die Klimakrise zu bekämpfen. Wir erwarten ein ähnliches Engagement von allen anderen Industrieländern.

Abendblatt: Bundeskanzlerin Merkel wurde als Klimakanzlerin bezeichnet. Ist sie tatsächlich eine Leitfigur im Kampf gegen die Erderwärmung?

Dimas: Ohne die Kanzlerin gäbe es kein europäisches Klimapaket, das wir Ende des letzten Jahres beschlossen haben. Ich bin Angela Merkel sehr dankbar für ihr Engagement beim Klima. Deutschland hat eine Führungsrolle und erfüllt sie auch.

Abendblatt: Entwicklungsländer leiden am meisten unter dem Klimawandel. Warum zögern die Europäer, konkrete Hilfen zuzusagen?

Dimas: Europa stellt weltweit den größten Anteil an Entwicklungshilfe. Erst vor Kurzem haben wir einen Finanzierungsvorschlag zum Klimawandel gemacht: Wir gehen davon aus, dass die Entwicklungsländer 100 Milliarden Euro im Jahr 2020 brauchen werden, damit sich Gesellschaft und Wirtschaft auf den Klimawandel einstellen können. An diesen Kosten würde sich die EU in fairer Weise beteiligen. Wir scheuen uns nicht vor konkreten Hilfen. Auch hierbei sind und bleiben wir führend.

Abendblatt: Ist in Zeiten der Wirtschaftskrise überhaupt Raum für Klimaschutz?

Dimas: Gerade in diesen Zeiten der Wirtschaftskrise macht es Sinn, über Klimaschutz zu reden und danach zu handeln. Wir können nicht länger die Augen davor verschließen, dass eine Wirtschaft, die auf Kohlenstoff basiert, langfristig immer teurer werden muss. Das zahlen dann die Verbraucher. Die Zukunft liegt in erneuerbaren Energien. Dort sind auch die neuen Arbeitsplätze. Dort wird an neuen und profitablen Ideen gearbeitet.

Abendblatt: Was entgegnen Sie jenen, die sagen, die EU schade mit strengen Abgasgrenzen für Fahrzeuge der Automobilindustrie?

Dimas: Das Gegenteil ist richtig. Ich bin der Überzeugung, dass die neue Gesetzgebung der Automobilindustrie hilft, sich auf den Markt der Zukunft vorzubereiten. Und die Zukunft ist das kleinere und energieeffiziente Auto, das die Geldbörse der Verbraucher schont.