Der tschechische Präsident Vaclav Klaus hat angedeutet, dass er den EU-Reformvertrag von Lissabon nun doch schon bald unterzeichnen könnte.

Prag. Der Zug, auf dem der Vertrag unterwegs sei, könne "nicht mehr gestoppt oder zur Umkehr gebracht werden", sagte Klaus der Zeitung "Lidove Noviny". Er halte den Vertrag aber nach wie vor nicht für eine gute Sache für "die Freiheit in Europa", fügte Klaus hinzu. Der Streit über Freiheit und Demokratie in Europa werde im Falle des Inkrafttretens des Vertrags weitergehen. Klaus ist der einzige Staatschef der EU, der den Vertrag noch nicht unterzeichnet hat.

Klaus fordert für Tschechien erneut eine Ausnahmeregelung von der Grundrechtecharta, die durch den Lissabon-Vertrag erstmals Rechtsgültigkeit erhalten soll. Hintergrund sind angeblich Befürchtungen über neue Rückgabeforderungen von Sudetendeutschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg enteignet wurden und die sich auf das in der Charta festgeschriebene Recht auf Eigentum berufen könnten. In dem Interview mit "Lidove Noviny" sagte Klaus,eine Ausnahmeregelung für Tschechien könnte dem nächsten Vertragswerk angehängt werden, das von allen 27 EU-Mitgliedern ratifiziert werden muss. Dies sei vermutlich der Vertrag zum EU-Beitritt Kroatiens. Ein "Versprechen", dass diesem Vertrag eine Zusatzklausel angehängt werde, würde ihn zufriedenstellen, sagte Klaus. Die EU will bei ihrem Gipfel am 29. und 30. Oktober in Brüssel über die Forderungen beraten. Diplomaten halten eine Art "politischer Erklärung" für möglich, die später Rechtsstatus erlangt.

Befürchtungen, wonach er die Unterzeichnung des Lissabon-Vertrags bis zu einem möglichen Wahlsieg der Konservativen in Großbritannien hinauszögern wolle, wies Klaus zurück. "Ich kann und werde nicht auf die Wahlen in Großbritannien warten, es sei denn, sie werden in den kommenden Tagen oder Wochen abgehalten", sagte Klaus. Die Konservativen haben angekündigt, im Falle eines Wahlsiegs ein Referendum über den Vertrag abzuhalten, mit dem die Briten den Vertrag zum Scheitern bringen könnten. Die Wahlen werden voraussichtlich im Frühjahr 2010 abgehalten.

Klaus muss ohnehin noch ein Urteil des tschechischen Verfassungsgerichts abwarten. Das Gericht prüft derzeit, ob der EU-Vertrag verfassungskonform ist. Das Urteil wird am 27. Oktober erwartet. Allerdings wird der Klage keine große Chance eingeräumt.