Im Streit um die Ratifizierung des EU-Reformvertrags von Lissabon droht Tschechien der Verlust seines EU-Kommissarpostens.

Brüssel/Prag. "Die einzige Möglichkeit für Tschechien, seinen Kommissar zu behalten, ist das Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags", warnte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso gestern in Brüssel nach einem Treffen mit dem tschechischen Regierungschef Jan Fischer. Bleibe der geltende Nizza-Vertrag in Kraft, muss die 27-köpfige EU-Kommission verkleinert werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geht allerdings davon aus, dass der Lissabon-Vertrag bis Ende des Jahres in Kraft treten kann.

Die Unterschrift des tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus ist die letzte Hürde, die das Reformwerk nehmen muss. Klaus knüpft seine Zustimmung an ein Urteil des tschechischen Verfassungsgerichts. Dieses will Ende Oktober über eine Klage gegen den Vertrag urteilen. Zudem fordert Klaus für Tschechien Ausnahmen von der in ihm enthaltenen EU-Grundrechtecharta. Er fürchtet, dass die nach dem Zweiten Weltkrieg vertriebenen Sudetendeutschen auf ihrer Grundlage ihre einstigen Besitztümer in Tschechien einklagen könnten. Eine solche Ausnahmeregelung müsste jedoch von allen 27 EU-Staaten ratifiziert werden.