Von wegen Waffenruhe: Die somalischen Al-Qaida-Terroristen morden weiter. Eine US-Rakete tötete einen hochrangigen Anführer.

Nairobi/Mogadischu. Die radikalislamischen Kämpfer der somalischen Al-Shabaab-Miliz hatten einen blutigen Ramadan angekündigt. Das Friedensangebot von Präsident Sheik Sharif Ahmed, während des für die Moslems so wichtigen Fastenmonats die Waffen schweigen zu lassen, wiesen sie zurück. Sie wollten ihren heiligen Krieg nur noch intensiver führen. Kurz vor dem Fest am Ende des Ramadan starben nun mindestens vier Al-Shabaab-Kämpfer unter amerikanischem Raketenbeschuss – unter ihnen angeblich auch der als Topterrorist gesuchte Saleh Ali Saleh Nabhan.

Auf den Fahndungsplakaten von FBI und kenianischer Polizei wirkt der Mann mit dem schmal geschnittenen Gesicht und den buschigen Augenbrauen kaum wie der Fanatiker, der hinter den Bombenanschlägen auf israelische Urlauberhotels an der kenianischen Küste im Jahr 2002 steht. Viel ist über den gebürtigen Kenianer, der jemenitischer Abstammung sein soll, nicht bekannt – selbst die Geburtsdaten schwanken zwischen 1968 und 1979. Doch seine Verbindungen zum Terrornetzwerk al-Qaida sollen bis zu den Anfangszeiten zurückreichen. Es gibt Berichte, nach denen Nabhan auch in den Bombenanschlag auf die US-Botschaft in Nairobi im Jahr 1998 verwickelt war. Der Anschlag mit rund 250 Toten und fast 2000 Verletzten gilt als der erste große Al-Qaida-Terroranschlag.

Für die ostafrikanische al-Qaida wäre der Tod Nabhans ein schwerer Schlag. Er soll die Aktivitäten der Organisation in der Region gesteuert haben und hatte vermutlich auch Kontakt zur Führung in Pakistan und Afghanistan, sagte ein Sicherheitsexperte im britischen Rundfunksender BBC. In Somalia wachsen nun Befürchtungen, dass nach dem Angriff mehrerer US-Kampfhubschrauber auf Al-Shabaab-Stellungen in Südsomalia Vergeltungsanschläge mit neuer Gewalt und noch mehr Toten das Ende des ohnehin blutigen Ramadan trüben.

Somalia ist das wichtigste Zentrum al-Qaidas in Afrika. Der „gescheiterte“ Staat am Horn von Afrika hat eine Regierung, die nur dank der Anwesenheit von Friedenstruppen der Afrikanischen Union den Flughafen und ein paar Straßenblöcke der Hauptstadt Mogadischu unter Kontrolle hat. Immer öfter ist auch von ausländischen Kämpfern die Rede, die sich al-Shabaab angeschlossen haben.

Aus den USA sollen junge Männer somalischer Abstammung zur Ausbildung für den Dschihad nach Somalia gekommen sein. Britische Antiterrorexperten warnten bereits, auch junge britische Moslems ließen sich in den Lagern der radikalen Islamisten ausbilden. Vor wenigen Wochen wurde unter getöteten Kämpfern die Leiche eines pakistanischen Offiziers gefunden.

Das Nachbarland Kenia fürchtet, in den Strudel der Gewalt gezogen zu werden. Erst kürzlich wurde bekannt, dass al-Shabaab im August während des Besuchs von US-Außenministerin Hillary Clinton mehrere Bombenanschläge in Nairobi geplant habe, die noch rechtzeitig vereitelt wurden. Vor allem Küstenstädte wie Mombasa und Malindi wurden mehrfach als Rückzugsgebiet von Terrorverdächtigen aus Somalia genutzt, die sich nicht nur vom Kampf erholten, sondern auch bei Sympathisanten um Geld und Kämpfer warben.