BND-Präsident Ernst Uhrlau hält es für möglich, dass sich islamistische Terroristen durch die Finanzkrise ermutigt fühlen.

Hamburg. "Dass die USA durch die Finanzkrise so erschüttert sind und deren Vormachtstellung in der Welt wankt, sehen einige als Bestätigung, dass man den Westen besiegen kann", sagte Uhrlau im Interview des Hamburger Abendblatts.

Nach Uhrlaus Darstellung ist Al-Qaida dabei, sich Nordafrika als neue Basis zu erschließen. "Es gibt breite Ansätze der Terroristen, den nordafrikanischen Raum für die Ausbildung und den Kampf zu nutzen", sagte er. "Ausbildungscamps finden sich nicht mehr nur im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet, sondern auch in Nordmali und Mauretanien." Osama bin Laden habe die Entwicklung von "Al-Qaida im Magreb" sehr positiv begleitet, fügte Uhrlau hinzu. "Den Terroristen geht es darum, den alten Raum al-Andalus, in dem der Islam im Mittelalter bis nach Spanien hinein präsent war, wieder herzustellen."

Uhrlau bekräftigte, das bin Laden noch am Leben sei. "Osama bin Laden und sein Stellvertreter Aiman al Sawahiri inspirieren ideologisch die Dschihadisten weltweit", so Uhrlau. "Aber operativ können Sie nicht mehr eingreifen.

Auszüge aus dem Interview Abendblatt: Haben Sie Erkenntnisse, wie islamistische Terroristen auf die Finanzkrise reagieren?
Uhrlau: Für eine Bilanz ist es zu früh, aber es gibt erste Stimmen dazu. Dass die USA durch die Finanzkrise so erschüttert sind und deren Vormachtstellung in der Welt wankt, sehen einige als Bestätigung, dass man den Westen besiegen kann.


Abendblatt: Es gibt Berichte, dass immer mehr Terrorverdächtige aus den nordafrikanischen Staaten kommen…
Uhrlau: Es gibt breite Ansätze der Terroristen, den nordafrikanischen Raum für die Ausbildung und den Kampf zu nutzen. Ausbildungscamps finden sich nicht mehr nur im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet, sondern auch in Nordmali und Mauretanien. Dorthin reisen Islamisten aus Algerien, Marokko, Nigeria und Somalia. Das Horn von Afrika entwickelt sich zu einem eigenen Bereich für potentielle Terroristen. In Kenia, Uganda und Tansania bestehen islamistische Strukturen. Die Verbindungen der Täter reichen aus Nordafrika dann heraus bis nach Spanien, Frankreich, Belgien und in die Niederlande. Sie ziehen sich weiter Richtung Dänemark, Schweden, aber auch nach Deutschland.


Abendblatt: Erschließt sich al-Qaida damit Afrika als neuen Rekrutierungs-Kontinent?
Uhrlau: Ja. Osama bin Laden hat die Entwicklung von "Al-Qaida im Magreb" sehr positiv begleitet. Den Terroristen geht es darum, den alten Raum al-Andalus, in dem der Islam im Mittelalter bis nach Spanien hinein präsent war, wieder herzustellen. Die spanischen Kollegen haben entsprechende Planungen aufgedeckt.


Abendblatt: Sind Sie sicher, dass bin Laden noch lebt?
Uhrlau: Er lebt. Wir sehen und hören seine Botschaften. Darin beschreibt er die ideologisch-strategischen Linien des Al-Qaida-Konzeptes. Osama bin Laden und sein Stellvertreter Aiman al Sawahiri inspirieren ideologisch die Dschihadisten weltweit. Aber operativ können Sie nicht mehr eingreifen.