Obama auf Schlingerkurs: Jetzt soll der Justizminister über Folgen für die Geheimdienstbeamten entscheiden.

Hamburg/Washington. Nach einer Welle der Kritik lässt US-Präsident Barack Obama die Tür zu einer Strafverfolgung von CIA-Mitarbeitern, die Terrorverdächtige gefoltert haben sollen, doch wieder offen. Er bekräftigte zwar seine Haltung, dass CIA-Verhörbeamte, die im Rahmen der ihnen in der Bush-Zeit vorgegebenen Richtlinien gehandelt hätten, nicht einem Strafverfahren ausgesetzt werden sollten. Die Entscheidung liege aber letztlich bei Justizminister Eric Holder, und dem wolle er nicht vorgreifen, sagte Obama gestern.

Zuvor hatte Obama CIA-Agenten, die unter Ex-Präsident George W. Bush Verdächtige bei ihren Verhören quälten, noch Straffreiheit zugesichert.

Besonders heftig kritisiert wurde der Präsident jedoch dafür, dass er die bislang geheimen Memos des Geheimdienstes CIA über die Folterpraktiken zulasten von Terrorverdächtigen veröffentlichen ließ. Dazu gehörte das berüchtigte Waterboarding, bei dem der Delinquent zu ertrinken glaubt, wie auch das Walling, bei dem der Verdächtige so lange gegen Wände geschleudert wird, bis er in jeder Hinsicht mürbe ist. Der mutmaßliche Chefplaner der Anschläge vom 11. September 2001, Chalid Scheich Mohammed, soll nach Recherchen der "New York Times" 183-mal dem Waterboarding unterzogen worden sein - jeweils bis zu 20 Minuten lang.

Die Veröffentlichung der Aufzeichnungen verteidigte Obama mit "außergewöhnlichen Umständen. Ehemalige CIA-Direktoren attackierten ihn dafür: Er schade damit der Sicherheit des Landes. Auch der ehemalige US-Vizepräsident Dick Cheney äußerte sich verbittert: "Da Amerika weitgehend die Führerschaft der Welt innehat, brauchen wir uns auch nicht zu entschuldigen, denke ich", sagte Cheney im konservativen US-Sender Fox. Dass sich Obama mehrfach für die frühere US-Politik entschuldigt habe, fand Cheney "verstörend". Er forderte die Freigabe auch jener bislang geheimen Dokumente, die belegen sollen, dass die Folter erfolgreich war, also zu wertvollen Erkenntnissen im Kampf gegen den Terrorismus führten. Die einflussreiche Senatorin Dianne Feinstein forderte Obama auf, noch keine Entscheidungen zum juristischen Umgang mit Folterern zu treffen, bis die entsprechende Kongress-Untersuchung beendet sei.

Bei einem Besuch der CIA-Zentrale in Virginia am Montag hatte Obama den CIA-Mitarbeitern Rückendeckung gegeben und sie aufgerufen, nicht zu resignieren. Er äußerte Verständnis dafür, dass Agenten sich zuweilen in ihrer Arbeitsweise eingeschränkt fühlten, ermahnte sie aber zugleich, gerade bei der Abwehr skrupelloser Gegner Moral und Werte hochzuhalten.