Die Armee hat 100 Ziele festgelegt. Trotz Raketenbeschusses ließ Israel Hilfslieferungen mit Lebensmitteln und Treibstoff passieren.

Hamburg/Jerusalem. 86 Mörsergranaten und Kassam-Raketen hat die radikalislamische Hamas aus dem Gazastreifen über Weihnachten auf Israel abgefeuert. Dann reagierte die israelische Regierung mit einem Ultimatum: Die Hamas habe 48 Stunden, um die Raketenangriffe auf israelische Grenzgemeinden einzustellen. Dann drohe eine Militäraktion.

Das Sicherheitskabinett will nach Angaben der israelischen Zeitung "Haaretz" am Sonntag über eine "limitierte Offensive" von kombinierten Luftangriffen und Bodenaktionen im Gazastreifen entscheiden. "Jeder, der israelischen Bürgern schadet, wird einen Preis dafür zahlen", sagte Verteidigungsminister Ehud Barack. Der scheidende Ministerpräsident Ehud Olmert drohte der Hamas offen mit einem Militäreinsatz und warnte vor hohen Opferzahlen: "Hört auf, hört auf ... Wir sind stärker", appellierte Olmert über den arabischen Fernsehsender al-Arabija an die Palästinensergruppen. "Ich bin nicht gekommen, um Krieg zu erklären", sagte Olmert. Zugleich drohte er mit der großen Zerstörungskraft der israelischen Armee. Zehntausende Kinder und Unschuldige würden als Ergebnis der Hamas-Aktivitäten gefährdet. Die israelische Außenministerin Zipi Livni wurde bei einem Treffen mit dem ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak noch deutlicher: Israel werde der Herrschaft der Hamas ein Ende setzen, sagte sie.

Im Gazastreifen kam es mehrfach zu Unterbrechungen mit der Strom- und Wasserversorgung. Israel ließ gleichzeitig wieder Hilfslieferungen der ägyptischen Regierung - 80 Lastwagen mit Nahrungsmitteln sowie 400 000 Liter Industriediesel und 200 Tonnen Kochgas - in den bislang abgeriegelten Küstenstreifen passieren. Im Gazastreifen leben rund 1,5 Millionen Palästinenser, die zum Überleben fast ausschließlich auf die Hilfe von außen angewiesen sind. Nach Angaben der Zeitung "Haaretz" will Israel die Vorräte der Palästinenser auffüllen lassen, damit es im Falle der Militäroffensive zu keiner humanitären Krise im Gazastreifen kommt. Dagegen sagte der israelische Infrastrukturminister Benjamin Ben-Eliezer der "Jerusalem Post", die Hilfslieferungen seien ein Zeichen an die Bewohner von Gaza, dass sie nicht Feinde Israels seien.

Nach Angaben israelischer Militärkommentatoren hat die Armee mehr als 100 Ziele in dem rund 40 Kilometer langen und maximal zwölf Kilometer breiten Gebiet festgelegt. Die "Jedioth Achronot" berichtete, mit den Angriffen auf Waffendepots, Polizeistationen, Ausbildungsplätze für Militante, Regierungsgebäude und die "Schmuggelindustrie" solle die Hamas geschwächt werden. Der Einsatz werde maximal eine Woche dauern.

In israelischen Medien hieß es, die Offensive könne durch schlechtes Wetter verschoben werden. Tief liegende Regenwolken behinderten die Sicht von Piloten.

Die Hamas zeigte sich von allen Warnungen völlig unbeeindruckt und feuerte weitere Raketen ab, die im Durchschnitt eine Reichweite von 20 Kilometern haben. Bei der Explosion einer selbst gebauten Rakete in der Palästinenserstadt Beit Lahia sind zwei kleine Mädchen getötet worden. Nach israelischen Schätzungen haben radikale Palästinensergruppen 20 000 Mann unter Waffen. Die rund 1000 Mann starke Eliteeinheit der Hamas soll bestens ausgerüstet und auf den Städtekampf vorbereitet worden sein.