Wieder Krawalle in Griechenland. Die Mehrheit der Bürger spricht von einem “Volksaufstand“.

Athen. Wegen der schweren Unruhen in Athen und Thessaloniki gerät die griechische Regierung unter starken Druck. Eine Mehrheit der Griechen stuft die andauernden Proteste von Jugendlichen als "Volksaufstand" ein. Sechs von zehn Griechen sagten in einer Umfrage der Zeitschrift "Kathimerini", es handele sich um ein "Massenphänomen" und nicht nur um eine protestierende Minderheit. Knapp 70 Prozent der Befragten kritisierten zudem die konservative Regierung von Ministerpräsident Kostas Karamanlis.

Die Opposition forderte wiederholt vorgezogene Neuwahlen. Oppositionschef Giorgos Papandreou sagte, seine Partei habe "in den vergangenen fünf Jahren eine konstruktive Haltung eingenommen". Es habe sich aber gezeigt, dass sich die "Probleme nicht unter den Teppich" kehren ließen. "Es reicht! Jetzt muss das Volk entscheiden", sagte der Sozialistische Politiker im Fernsehen.

"Die Regierung hat nervös auf die Tötung des Schülers reagiert", sagte Kostas Ifantis vom griechischen Zentrum für Europäische Studien. Die ohnehin schwierige Situation der Regierung könnte sich durch die Proteste weiter verschlimmern. Ein großer Teil der griechischen Jugendlichen hat nur schlechte Berufsaussichten. Die Arbeitslosigkeit beträgt über sieben Prozent und wird voraussichtlich weiter steigen.

Der Schaden durch die Krawalle wird zehn Tage nach dem Tod eines 15-jährigen Schülers durch Polizeischüsse auf mittlerweile rund 200 Millionen Euro geschätzt. Mehr als 400 Menschen wurden bislang festgenommen. Auch in der Nacht zu Sonntag griffen kleinere Gruppen von Gewalttätern Polizisten sowie Gebäude von Banken, Behörden und Ministerien mit Brandsätzen und Steinen an. Die Polizei ging zeitweise mit Tränengas gegen die Demonstranten vor.

Die Protestierenden zündeten nach Angaben der Ordnungshüter etwa 20 Mülleimer an und errichteten Straßensperren. Am Sonntagmorgen kehrte in Athen zunächst Ruhe ein. Die Polizei nahm dort am Wochenende 86 Menschen fest. In Thessaloniki zerstörten hundert Jugendliche die Scheiben einer Sporthalle, bevor sie sich auf das Universitätsgelände zurückzogen.

Am Sonntagmittag besetzten rund 30 Demonstranten der Organisation "Netz für Menschenrechte" den Radiosender der Stadt Athen, "Athina 984". "Wir erleben etwas Großes. Weltweit solidarisieren sich Tausende Menschen mit uns", sagte ein Sprecher. Die Besetzer sendeten die Internationale, das Kampflied der sozialistischen Arbeiterbewegung, und verließen dann den Sender wieder. Wegen des Todes des Jugendlichen wird gegen zwei Polizisten ermittelt.

Der Polizist, aus dessen Waffe der Schuss stammte, hat erklärt, er habe Warnschüsse abgegeben, nachdem sein Wagen von Jugendlichen angegriffen wurde. Augenzeugen sprechen dagegen von einem gezielten Schuss. Die Untersuchungsergebnisse sollen in der kommenden Woche vorliegen.

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