Die Broken-Windows-Theorie amerikanischer Sozialforscher besagt, dass ein zerbrochenes Fenster in einem leer stehenden Haus letztlich zur...

Die Broken-Windows-Theorie amerikanischer Sozialforscher besagt, dass ein zerbrochenes Fenster in einem leer stehenden Haus letztlich zur Verwahrlosung eines ganzen Stadtteils führen kann. Im übertragenen Sinne ist dies in Athen exemplarisch zu besichtigen. Der Staat hat seit Jahren nach und nach seine Aufsichtspflicht gegenüber dem Stadtteil Exarchia vernachlässigt und ihn der Kontrolle von Anarchisten und Drogenbanden überlassen. Das anderenorts willkommene Erscheinen eines Polizeiwagens galt in der "verbotenen Stadt" bereits als Provokation - mit verheerenden Folgen. Es ist ein negatives Lehrstück in urbanem Management. Weder das autoritäre "Auskärchern" krisenbehafteter Stadtteile Marke Sarkozy wird ihren komplexen Problemen gerecht - noch die Gewährung rechtsfreier Räume. Seit vielen Jahren schon brennen in Exarchia fast täglich Geschäfte und Banken. Die dortigen Autonomen haben ihre Feindschaft gegen die längst verblichene Militärdiktatur kurzerhand auf die Globalisierung übertragen - ein absurder Tausch von Feindbildern.

Doch die landesweite Eruption der Gewalt nach den Todesschüssen eines überforderten Polizisten hat tiefere Ursachen und wirkte als Zündfunke in einem gesamtgesellschaftlichen Pulverfass. Vor allem die Jugend Griechenlands kocht vor Wut angesichts einer schier endlosen Reihe von politischen Skandalen, von Korruption und mangelnden Chancen. Im Schatten von friedlichen Protesten frustrierter Bürger fachen Militante dann bürgerkriegsähnliche Straßenkämpfe an, die weiter zur Destabilisierung beitragen - eine unheilvolle Spirale.

Die angeschlagene Regierung Karamanlis, die bislang nicht mit überzeugenden Lösungen glänzte, wird es schwer haben, diesen politischen Sturm abzuwettern. Die Proteste könnten in Neuwahlen mit einem Sieg der Sozialisten münden.