Der seit fünf Jahren inhaftierte frühere russische Ölmagnat Michail Chodorkowski muss weiter im Gefängnis bleiben. Ein Gericht im sibirischen...

Moskau/Berlin. Der seit fünf Jahren inhaftierte frühere russische Ölmagnat Michail Chodorkowski muss weiter im Gefängnis bleiben. Ein Gericht im sibirischen Tschita lehnte eine vorzeitige Entlassung ab, wie die russischen Nachrichtenagenturen RIA Nowosti und Interfax meldeten. Das Gericht folgte einer Einschätzung der russischen Strafvollzugsbehörde, wonach es keine "wirklichen Beweise" für eine Besserung des Häftlings gebe. Chodorkowskis Anwälte nannten die Begründung "völlig künstlich" und kündigten an, in die Berufung zu gehen. Die Begründung der Richter sei an den Haaren herbeigezogen, sagte einer seiner Anwälte, Genri Resnik. Die Anwälte sahen in dem Fall einen Test für das Bekenntnis des neuen russischen Präsidenten Dmitri Medwedew zu einer unabhängigen Justiz.

Das Gericht erklärte unter Berufung auf die Strafvollzugsbehörde, in den Dokumenten über seine Haftführung fänden sich mehrere Verstöße gegen die Gefängnisordnung. So habe er unter anderem nicht an einem Trainingsprogramm teilnehmen wollen. Nach russischem Recht können Häftlinge wegen guter Führung vorzeitig aus der Haft entlassen werden, wenn sie mehr als die Hälfte ihrer Strafe abgesessen haben.

In einem Interview mit der russischen Wirtschaftszeitung "Wedomosti" schloss Chodorkowski eine Rückkehr ins Ölgeschäft nach einer Haftentlassung aus. Er werde auch keine rechtlichen Konsequenzen aus der Jukos-Affäre ziehen. Der einst reichste Mann Russlands kritisierte das Rechtssystem: "Die Quote für Freisprüche ist in Russland 100-mal niedriger als in der restlichen Welt."

Der Kreml-kritische Öl-Magnat Chodorkowski war im Oktober 2003 festgenommen und im Mai 2005 nach einem langen Prozess wegen Steuerhinterziehung zu acht Jahren Haft in Sibirien verurteilt worden. Sein Yukos-Konzern wurde faktisch zerschlagen und 2006 einem Konkursverwalter unterstellt. Im Februar 2007 wurde er der "Unterschlagung im großen Stil" beschuldigt, im Juni dann klagte ihn die russische Staatsanwaltschaft erneut wegen Unterschlagung von umgerechnet 18 Milliarden Euro und "Diebstahls" von 350 Millionen Tonnen Erdöl an.

Die Vize-Fraktionsvorsitzende der FDP, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, erklärte, der Fall Chodorkowski sei ein Beleg für die "Sowjetisierung Russlands" und dokumentiere die "mangelnde Fairness, Unparteilichkeit und Objektivität russischer Behörden." Sie forderte die Bundesregierung auf, "deutliche Worte gegenüber Russland" zu finden.