HAMBURG. Die Unabhängigkeitsbestrebungen der Albaner im Kosovo lenken das Interesse auch wieder einmal auf einen anderen Balkan-Staat: Bosnien-Herzegowina. Zwölf Jahre nach dem Vertrag von Dayton, der den dreijährigen Krieg im ehemaligen Jugoslawien beendete, wächst in Bosnien-Herzegowina, das aus der Serbischen Republik und der Bosnisch-Kroatischen Föderation besteht, wieder die Kriegsgefahr. Die Serben im Land liebäugeln nämlich mit Abspaltung. Und Russland droht mit einem Veto, wenn am Mittwoch im Uno-Sicherheitsrat die Verlängerung des Mandats der europäischen Eufor-Friedenstruppen in Bosnien-Herzegowina ansteht.

"Die politische Situation schürt bei den Menschen wieder die Kriegsangst", sagt Gabriele Müller (52). Die Psychotherapeutin arbeitet seit zehn Jahren im Auftrag der Hamburger Hilfsorganisation Seka in der Region mit traumatisierten Frauen und Kindern. Zuerst war die kroatische Insel Brac die Anlaufstelle, aus Kostengründen hat Seka jetzt im ostbosnischen Gorazde Quartier bezogen.

"Die Menschen haben Schreckliches erlebt, wir helfen ihnen, das zu verarbeiten", so Müller zum Abendblatt. Gorazde war während des Krieges Uno-Schutzzone, stand aber unter ständigem Beschuss der bosnischen Serben. Am neuen Standort nimmt sich das Seka-Team auch erstmals der Kriegsveteranen an. "Viele wissen gar nicht, dass sie im Krieg traumatisiert wurden und sind zur Aufarbeitung in Gewalt oder Drogen geflüchtet", sagt die Therapeutin.

Wirtschaftlich und politisch geht in Bosnien nicht viel voran, die Ruhe im Land ist sehr brüchig. "Nachhaltiger Frieden muss von unten wachsen", sagt Gabriele Müller. "Dafür müssen die Menschen ihre Traumata überwinden und Vertrauen haben. Aber der dafür erforderliche Rahmen ist nicht da." (fis)

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