Explosionen, Panik, Tote - wie der Terror das friedliche Bali in eine Hölle verwandelte

Kuta. Wie an jedem Sonnabend ist die Stimmung ausgelassen in den kleinen Bars und Restaurants in Kuta, der Touristenhochburg im Süden Balis. "Kuta-Strip" nennen Touristen die Club-Meile, wenn sie nach einem Strandtag ihre Verabredungen für den Abend treffen. Dann explodieren gegen 23 Uhr Ortszeit zwei gewaltige Autobomben. Binnen Sekunden wird Kuta, eine touristische Perle auf der "Insel der Götter", zu einer Hölle mit verkohlten Leichen und Ruinen. "Ich hatte mich gerade an einen Tisch gesetzt, hundert Meter entfernt", sagt Karim Ansel. Der 27 Jahre alte Chauffeur aus Paris macht seit zehn Tagen Urlaub auf Bali. Da erschüttert die erste Detonation das Viertel. "Ich habe mich unter den Tisch geworfen." Nach wenigen Sekunden folgt eine zweite, viel gewaltigere Explosion. "Alle schrien, überall war Staub." Jemand habe ihn gefragt, ob ein Flugzeug abgestürzt sei. Draußen auf der Straße wird ihm das ganze Ausmaß der Explosion bewusst: "Ein Toter in einer Blutlache, eine rennende Frau in brennenden Kleidern, ein blutüberströmter Mann nur noch in der Unterhose, der seine Schuhe in den Händen hielt." Und überall begegnet Ansel vor Angst zitternden Menschen. Der Deutsche Stefan Braner aus Rüsselsheim (31) wird von der heißen Druckwelle im Nachtclub "Paddy's" getroffen und auf der Straße liegend von einem australischen Paar medizinisch versorgt: Sein Handrücken klafft offen, die Stirn blutet. Der Surfer hat noch Glück gehabt. Vor dem "Sari Club" liegt alles in Schutt und Asche. Von den Gebäuden sind nur noch Ruinen übrig. Quer auf der Straße stehen Dutzende ausgebrannte Autowracks. Es sei ein Wunder, dass er es noch auf die Straße geschafft habe, sagt Simon Quayle. Der australische Fußballtrainer vom Kingsley Football Club aus Perth beschreibt die Sekunden nach der Explosion im Club als das "totale Chaos". Er sei den Flammen knapp entkommen, aber sieben Mannschaftskameraden würden noch vermisst. Nach der Detonation, die einen anderthalb Meter tiefen Krater in die Straße riss, folgt eine stundenlange Feuersbrunst, die auch das "Paddy's", einige Geschäfte und andere Gebäude restlos verwüstet. Richard Poore (37), TV-Regisseur aus Neuseeland, sagt: "Gleich nach der Explosion fing ich an zu filmen. Manche Verletzungen waren unbeschreiblich. Ich sah Gliedmaßen herumliegen. Schließlich musste ich aufhören zu drehen. Der Anblick war zu grauenhaft. Mir wurde physisch übel. In meinen zwölf Jahren als Reporter hatte ich etwas so Entsetzliches noch nicht gesehen." Der britische Tourist Matt Noyce berichtet: "Ich saß in Paddy's Bar mit ein paar Typen, die ich zehn Minuten vorher kennen gelernt hatte. Plötzlich dieser Blitz, der einen total blendete, und das Gefühl, die eigenen Ohren explodierten. Eine Wahnsinnspanik. Massen hechteten zum Ausgang, versuchten, übereinander zu klettern. Dann, draußen: Es war schlimm - wie Szenen aus Vietnam. Überall lagen Menschen. Jede Menge Blut, überall Leute mit Verbrennungen. Die Straßen waren total verstopft. Nach der Explosion fingen die Feuer an. Es dauerte lange, bis die Notdienste kamen. Viel war da nicht - ich sah einen Löschzug und vielleicht einen Krankenwagen." Auch der Brite Graham Perry, Catering-Manager bei einer saudiarabischen Fluggesellschaft, kam gerade aus "Paddy's" Bar, als er die erste Detonation fühlte. "Ein riesiger Feuerball wälzte sich die Straße herauf. Dann die zweite Explosion. Es warf mich um, riss mir die Kleidung in Fetzen und riss mir die Beine auf." Der Australier Terry Stephens erzählt: "Es war wie auf einem Schlachtfeld. Überall lagen Leichen. Schwerverwundete schrien vor Schmerz. Manchen fehlten Arme oder Beine." Am Morgen löscht die Feuerwehr das, was von dem auf ganz Bali bekannten Club übrig blieb. Am Flughafen der Provinzhauptstadt Denpasar warten unterdessen Dutzende Touristen auf den Heimflug. Sie wollen die "Insel der Götter", die nun kein Paradies mehr ist, so schnell wie möglich verlassen. "Ich werde wohl nie mehr hierher zurückkommen", sagt der schwedische Surfer Jeppe Lindquist bedrückt. "Ich werde wohl nie mehr hierher zurückkommen."