Kommentar

Der schöne Traum, das Stalinistenregime in Pjöngjang würde im Atompoker doch noch einlenken, ist ebenso geplatzt wie die vage Hoffnung, Nordkorea bluffe nur, um möglichst viel Profit herauszuschlagen. Der Tyrann Kim Jong Il, der als "geliebter Führer" seine Bevölkerung verhungern oder in Straflagern sterben lässt, hat die Bombe. Der nordkoreanische Atomtest markiert das Ende jener "Sechser-Gespräche", mit denen die USA, Russland, China, Japan und Südkorea versuchten, Nordkorea von seinen nuklearen Ambitionen abzubringen. Das Land ist jetzt Atommacht.

Nordkorea wähnt sich damit faktisch unangreifbar. Die atomare Karte gilt dem totalitären System als Garantie zum Überleben, zumal der Irakkrieg die Grenze der militärischen Macht der USA aufgezeigt hat. Die Geschichte wiederum lehrt, dass ein völlig irrationales Regime, das vor Gewalt gegen die eigenen Bürger nicht zurückschreckt, dieselben Methoden auch gegen andere Länder anwenden wird. Seit Jahren bereiten Kim und seine Militärs das Volk auf einen Krieg vor - gemäß der Binsenweisheit, dass eine äußere Bedrohung die eigene Position im Inneren eher festigt.

Und nun? Geharnischte Erklärungen bis hin zur Drohung mit Sanktionen können ein Land wie Nordkorea, das als Armenhaus Ostasiens ohnehin weitgehend isoliert ist, kaum schrecken. Umgekehrt setzen Offerten, dass Nordkorea zwar nichts zu verlieren, aber alles zu gewinnen hat, eine gewisse Vernunftbegabung der Führungseliten voraus. So bleibt es bei der beängstigenden Aussicht, dass Nordkoreas "Doktor Seltsam" jetzt nur noch atomtaugliche Mittelstreckenraketen fehlen. Gleichzeitig wächst eine Gefahr, die in ihrem Ausmaß für den Weltfrieden noch gar nicht absehbar ist: dass sich die Rüstungsschraube in Asien wieder schneller dreht.