Hamburg. Das eigentümliche Wort "Bojinka" ist nach Ansicht von Sprach-Experten vermutlich der arabischen Slang-Sprache entliehen, vielleicht auch dem Serbokroatischen. Jedenfalls ist es wohl eine lautmalerische Umschreibung für eine gewaltige Explosion.

Keine schlechte Wahl also, wenn man den Zynismus eines Terroristen besitzt und die geplante Sprengung von elf Passagiermaschinen in der Luft binnen 24 Stunden als "Operation Bojinka" etikettiert. Doch hier ist keineswegs die Rede von dem gestern vereitelten Massenmord über dem Atlantik, zwischen dem britischen Flughafen Heathrow und den Vereinigten Staaten.

"Operation Bojinka" war vielmehr der heimtückische Plan eines radikalen Islamisten und höchst aktiven Al-Qaida-Terroristen, der bereits seit einem Jahrzehnt im amerikanischen Hochsicherheitsgefängnis ADX Florence in Colorado sitzt. Ramsi Jussef, ein gebürtiger Kuwaiter pakistanischer Herkunft, war schon vorher kein unbeschriebenes Blatt. Er war jener Mann, der am 26. Februar 1993 versucht hatte, mit einer Autobombe und 700 Kilogramm TNT in der Tiefgarage des World Trade Centers in New York die riesigen Zwillingstürme zum Einsturz zu bringen. Der Plan scheiterte - wenn auch ein 30 Meter breites Loch in das Untergeschoss gerissen wurde, sechs Menschen starben und mehr als tausend wurden verletzt. Doch Ramsi Jussefs Vorhaben, das WTC zu zerstören und dabei Tausende Menschen zu töten, sollte am 11. September 2001 auf andere Weise verwirklicht werden.

Wie "Spiegel Online" gestern berichtete, könnte auch der nun knapp vereitelte Mehrfach-Terroranschlag auf Passagiermaschinen auf eine Idee Ramsi Jussefs zurückgehen - eben auf die "Operation Bojinka".

Ramsi Jussef, zunächst im britischen Wales zum Ingenieur und später vermutlich in Terror-Trainingslagern in Pakistan und Afghanistan zum Bombenexperten ausgebildet, wollte im Januar 1995 gleich elf Flugzeuge auf Flügen zwischen den USA und Asien zum Absturz bringen. Am 11. Dezember 1974 unternahm er einen Test mit einer Maschine der Philippine Airlines. Sie stürzte zwar nicht ab, doch ein Mensch an Bord starb. Ramsi Jussef hatte offenbar Flüssigsprengstoff auf Nitroglycerin-Basis benutzt, versteckt in einer Flasche für Kontaktlinsen-Lösung. Hier wird der Grund für die verschärften Kontrollen beim Handgepäck in Heathrow - vor allem bezüglich Flüssigkeiten - schnell deutlich.

Jussefs Plan flog auf, als er versehentlich seine Bombenwerkstatt in seiner Wohnung in Manila in Brand setzte. Ein Laptop mit den Anschlagsplänen sowie Flugpläne von US-Airlines, die die Polizei in der Wohnung fand, wurden sein Verhängnis. Zwar gelang ihm die Flucht nach Pakistan, doch dort wurde er verhaftet und an die USA ausgeliefert.

Lieferte seine "Operation Bojinka" also die Blaupause für die geplanten Attentate von Heathrow? Sein Onkel, der Al-Qaida-Militärchef Khalid Scheich Mohammed, soll dies 1996 Al-Qaida-Chef Osama bin Laden vorgeschlagen haben. Der habe sich aber für den 9/11-Plan entschieden. Vor einem Jahr hatte der US-Kongressabgeordnete Peter DeFazio gewarnt, dass die Pläne von "Operation Bojinka" noch immer "da draußen" seien und jederzeit umgesetzt werden könnten.