Terrorpläne: Flüssigsprengstoff sollte die Flugzeuge zerreißen - doch die Polizei konnte den größten Massenmord seit dem elften September im letzten Augenblick noch stoppen. Genervte Passagiere, abstürzende Rechner und lange Schlangen: Am Flughafen London Heathrow ging nichts mehr. Erst am Abend wurde der Verkehr wieder freigegeben.

London. "Ich hasse diesen Flughafen." Mit diesen Worten spricht die 18-jährige Studentin Kendra Webb aus San Francisco wohl vielen Reisenden in London aus dem Herzen. Frustration und Angst machen sich breit, seit ein vereitelter Terroranschlag mitten in der Ferienzeit den größten Flughafen Europas gestern fast zum Erliegen brachte. Die Warteschlagen reichen quer durch die riesigen Hallen bis nach draußen, bewaffnete Polizisten patrouillieren in den Terminals, und die Mitarbeiter der Fluglinien können die vielen Anfragen der Reisenden kaum noch bearbeiten.

Einige Passagiere stehen geduldig stundenlang in Schlangen, die kaum voranzukommen scheinen. Andere geben entnervt auf und lassen sich einfach zwischen ihre Gepäckstücke auf den Boden fallen. "Das ist die Hölle", sagt Webb, die mit Verwandten zu Hause telefoniert. "Ich will jetzt einfach eine Zigarette." Die Britische Flughafenbehörde warnt alle Reisenden vor massiven Verspätungen und strengen Sicherheitsmaßnahmen.

Die Passagiere müssen jetzt ihr gesamtes Gepäck aufgeben, Handgepäck ist nicht mehr erlaubt. Nur wenige persönliche Gegenstände dürfen mit in die Kabine genommen werden - in transparenten Plastikbeuteln. "Ich habe einen Computer, und ich habe Alkohol", sagt ein in London gestrandeter finnischer Fluggast auf dem Weg von Helsinki nach Chicago. "Ich habe erst vor fünf Minuten erfahren, dass ich nichts mitnehmen darf."

British Airways sagte mehr als 200 Flüge ab. Heathrow wurde vorrübergehend für alle ankommenden Flüge aus Europa geschlossen, viele Fluglinien strichen ihre Flüge nach London. Einige Maschinen konnten in London starten, allerdings mit deutlichen Verspätungen. Normalerweise starten und landen auf dem Londoner Flughafen täglich 1250 Maschinen. Im Durchschnitt werden hier 186 000 Passagiere am Tag abgefertigt.

"Es ist zum Fürchten", sagt die amerikanische Lehrerin Fran Barkan, die eigentlich nach New York fliegen will. "Der gesamte Flug wird quälend sein. Es wird kein entspannter Flug werden - wenn wir heute überhaupt starten." Die langen Wartezeiten entstehen durch die aufwendigen Sicherheitskontrollen. So müssen Mütter kleiner Kinder vor den Augen der Sicherheitsbeamten Babymilch probieren, bevor sie die Flasche mit an Bord nehmen dürfen. "Es ist das absolute Chaos", sagt Vanessa Lee, die eigentlich Freunde in Italien besuchen wollte. "Die Computer von Ryanair stürzen immer wieder ab, weil sie all die Änderungen nicht verarbeiten können."

Im Terminal 1 in Heathrow bildet sich eine rund 100 Meter lange Schlange gestrandeter Passagiere, die sich um eine Hotelunterkunft bemühen. Alle Hotels rund um den Flughafen sind bereits ausgebucht. Auf den Straßen von und nach Heathrow ist kaum noch ein Durchkommen.

Wegen der Sperrung der Londoner Flughäfen verzeichnet der Hochgeschwindigkeitszug Eurostar von Paris und Brüssel nach London mittlerweile einen wahren Ansturm. Am Vormittag seien "mehr als 2300 zusätzliche Fahrscheine verkauft" worden, teilt der Anbieter der Bahnverbindung mit. Der Verkehr laufe hier normal.

Erst am Donnerstagabend wird der Flughafen Heathrow wieder für den Verkehr freigegeben. Es gebe für innereuropäische Flüge von und nach Heathrow keine Beschränkungen mehr, teilt die britische Flughafenbetreibergesellschaft BAA mit. Auch für Langstrecken und für Transatlantik-Flüge gebe es keine Einschränkungen; die Fluggäste müssten sich aber auf lange Wartezeiten einstellen.