Kommentar: Streit um Mohammed-Karikaturen

Die deutschen Bundesfarben gehen unter anderem auf die schwarzen Röcke mit roten Vorstößen und Messingknöpfen der Lützowschen Jäger in den Befreiungskriegen 1813/14 zurück. Unsere Fahne steht für nationale Einheit und Demokratie - sie zu verbrennen, wie es in Gaza geschah, stellt eine Beleidigung unserer Grundwerte dar. Doch die Deutschen werden sicher gelassen mit diesem Affront umgehen.

Natürlich war es eine überflüssige Eselei der dänischen Zeitung "Jyllands-Posten", ausgerechnet den Propheten Mohammed karikieren zu lassen. Doch die gewalttätige Reaktion vieler Muslime offenbart ein grundlegendes geistiges Schisma unserer Welt. Die Attacke gegen den Westen ist nicht nur Ausdruck glühenden Glaubenseifers, sondern vor allem einer wachsenden Verzweiflung über die eigenen Lebensumstände. Weite Teile der islamischen Welt - ganz sicher die Palästinensergebiete, aber auch Ägypten, Syrien, der Iran, der Irak oder der Libanon - sind mehr oder minder von sozialem Elend, Gewalt, Korruption, Intoleranz und Hoffnungslosigkeit gekennzeichnet.

Fanatiker gaukeln den Menschen vor, das Heil liege in der Rückbesinnung auf mittelalterliche Dogmen. Gerade die haben sich aber als völlig ungeeignet zur Bewältigung der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts erwiesen. Um ein Infragestellen dieser erstarrten Strukturen zu verhindern, wird die kollektive Wut gerichtet gegen äußere Feinde - die wirtschaftlich und kulturell drückend überlegenen Staaten des Westens. Längst geht es nicht mehr um ein paar umstrittene Federstriche, die nie als Beleidigung gemeint waren - sondern um einen Dschihad mit Mord und Brandstiftung.

In diesem Kulturkampf darf der Westen auf gar keinen Fall jene Werte preisgeben, die ihn so erfolgreich gemacht haben: Demokratie und Pluralismus mit der Freiheit der Meinung, der Kunst und der Lehre sowie der Gleichberechtigung der Frau.