Weltinformations-Gipfel: Internationale Aufsicht abgeblockt. Delegierte beraten, wie arme Länder Technologie-Rückstand aufholen können.

Tunis. Die USA behalten die Kontrolle über die zentrale Adressenverwaltung für das Internet. Auf dem Weltinformations-Gipfel der Vereinten Nationen, der gestern in Tunis begann, konnten sich Staaten wie der Iran oder Brasilien mit ihrer Forderung nach einer internationalen Aufsicht nicht durchsetzen. Auch die Europäische Union hatte eine stärkere Internationalisierung verlangt. Die USA hatten argumentiert, eine Verwaltung durch eine Institution wie die Uno würde die Innovation im Netz durch Bürokratie ersticken.

Statt dessen einigten sich vor Beginn der Konferenz die Regierungsvertreter von rund hundert Staaten auf die Einrichtung eines Diskussionsforums. Dieses Internet Goverance Forum (IGF) soll ab 2006 Regierungen, Wirtschaft und Nichtregierungsorganisationen eine Plattform für Debatten darüber bieten, wie arme Länder den Technologie-Vorsprung der reichen aufholen können. Auch die Eindämmung von Spams (unerwünschte Werbe-E-Mails) soll Thema des Forums sein.

Uno-Generalsekretär Kofi Annan betonte zur Eröffnung der Konferenz, das Internet sei das Ergebnis einer einzigartigen Zusammenarbeit. Diesen Geist wünsche er sich auch für die Zusammenarbeit zwischen Regierungen, internationalen Organisationen und den gesellschaftlichen Kräften. Die deutsche Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) rief dazu auf, den "digitalen Graben" zwischen Armen und Reichen zu überwinden.

Die dreitägige Konferenz in Tunis ist die zweite Phase des Uno-Informationsgipfels. 23 000 Teilnehmer aus 173 Ländern werden erwartet, darunter mehr als 50 Regierungs- und Staatschefs. Bei der ersten Phase 2003 in Genf hatten 175 Staaten vereinbart, die digitale Kluft zwischen reichen und armen Ländern zu bekämpfen und bis 2015 mindestens die Hälfte der Weltbevölkerung mit digitaler Kommunikationstechnik zu versorgen.

Menschenrechtsgruppen kritisierten die Wahl von Tunesien als Ort für das Treffen: Der nordafrikanische Staat verstößt immer wieder gegen die Pressefreiheit und hat ein ausgefeiltes System zur Internet-Zensur. Vor dem Gipfel wurden ein Journalist der französischen Zeitung "Liberation" sowie ein belgisches Fernsehteam an Recherchen zur Informationsfreiheit in Tunesien gehindert. Zuvor hatten die Behörden eine Versammlung verschiedener Gruppen im Goethe-Institut von Tunis gesprengt.