Berlin. Die Ursprünge des Internets gehen ins Jahr 1957 zurück. Mit Sputnik schossen damals die Sowjets den ersten Satelliten in den Weltraum, worauf die Amerikaner befürchteten, die andere Großmacht könnte im Technologie-Wettrennen insgesamt zum Überholen ansetzen. Die Antwort hieß "Arpa", eine vom US-Verteidigungsministerium gegründete Forschungseinrichtung, die neue Technologien wie den elektronischen Austausch von Daten vorantreiben sollte. Computer gab es schon, doch sie konnten nur dann miteinander kommunizieren, wenn Techniker Lochkarten oder Magnetstreifen zwischen den Geräten hin und her schleppten.

Dieses umständliche Verfahren wurde 1969, dem Jahr der ersten Mondlandung zweier Amerikaner, überflüssig: Vier Computer von vier Universitäten tauschten auf elektronischem Wege Daten aus. Es war die Geburtsstunde des Internets. Zwar hatten solche Netzwerke schon vorher existiert, aber nur zwischen gleichartigen Rechnern. Das neue "Arpanet" aber bestand aus Computern mit völlig unterschiedlichen Betriebssystemen. Ein neuartiges Netzwerk-Programm spielte den "Übersetzer".

Genutzt wurde dieses erste Internet zunächst kaum, bis ein gewisser Ray Tomlinson von der US-Computerfirma BBN die elektronische Post erfand. Mit dieser E-Mail konnten Informationen sehr schnell und viel billiger als über das Telefon ausgetauscht werden. Die Netzwerke wuchsen und wurden miteinander verbunden. Auch außerhalb der USA wurden erste Computer-Netzwerke aufgebaut wie WiN, das erstmals 1990 deutsche Universitäten untereinander verband.

Zum Massenmedium stieg das Internet aber erst in den 90er Jahren auf - nicht zuletzt durch eine Erfindung von Tim Berners-Lee am europäischen Physikforschungszentrum "Cern" in Genf: Er schuf 1991 den elektronischen Verweis auf andere Internet-Seiten. Seither kann man mit einem Mausklick den sogenannten "Hyperlink" aktivieren und kommt ohne lästiges Eintippen einer langen Kombination von Buchstaben, Zahlen und Zeichen auf eine andere Internet-Seite. Jede beliebige Seite konnte so mit jeder anderen verknüpft werden, unabhängig davon, ob der Rechner in den USA, Deutschland, Afghanistan oder auf der Raumstation ISS arbeitet. Das World Wide Web - "www" - war geboren.

Doch wer verhindert, daß in einem solchen Netz das Chaos ausbricht, daß beispielsweise dieselbe Internet-Adresse an zwei verschiedene Teilnehmer vergeben wird? Fast 30 Jahre erledigte diesen Job ein Mann namens Jon Postel, Computerwissenschaftler an der University of Southern California. Mit wallendem Rauschebart und gütigem Wesen gab er dem Internet nach außen ein Gesicht, innen kontrollierte er die Adressen, unter denen die einzelnen Rechner im Netz erreichbar waren. "Gottvater des Internets" nannte man ihn auch.

Von Beginn an - 1969 hatte Postel gerade sein Ingenieursexamen gemacht - sorgte er dafür, daß jeder Computer im Netz seinen eigenen Namen bekam und daß jede Seite im Internet eine eindeutige Adresse hat. Ähnlich wie die "5" am Beginn einer Postleitzahl auf einen Briefkasten im Westen Deutschlands hinweist, deutet ein ".ch" am Ende einer Internet-Adresse darauf hin, daß der betreffende Computer in der Schweiz zu Hause ist.

Solange Postel das Internet verwaltete, wurden seine Entscheidungen weltweit akzeptiert. Als er aber 1998 nur 55jährig an einer Herzkrankheit starb und gleichzeitig die US-Regierung für die Internet-Verwaltung eine eigene privatrechtliche Organisation namens ICANN gründete, setzten die Proteste aus anderen Ländern gegen die Dominanz eines einzigen Landes über das Weltnetz ein. Zwar verwaltet die ICANN nur die sogenannten "Top Level Domains" wie das deutsche Kennzeichen ".de". Um dieses ".de" wiederum kümmert sich eine Genossenschaft in Frankfurt mit dem Namen Denic, die deutschlandweit die Internet-Adressen verwaltet.

Aber allein die Oberhoheit über die Länderkennzeichen schafft Probleme, und sei es nur, weil Länder wie China oder Rußland für ihre Mailadressen nicht die Zeichen ihres eigenen Alphabets verwenden dürfen. Eine internationale Verwaltung könnte da Abhilfe schaffen, doch so schnell geben die USA ihren Einfluß auf das Internet nicht auf.