Kommentar: Internet-Gipfel

Was einst begann, um vier Computer miteinander zu verbinden, ist eine zweite Welt geworden. Vor 36 Jahren war das Internet eine Spielwiese für einige wenige Ingenieure - heute ist es ein Lebenselixier für viele Millionen Menschen. Ohne das weltweite Netz geht in unseren modernen Wissensgesellschaften nichts mehr. Die zentral verwalteten Zahlenkombinationen und Rechnernamen, die es ermöglichen, daß Computer weltweit miteinander kommunizieren können, sind zu Lebensgrundlagen geworden - wie Wasser und Brot.

Kein Wunder also, daß der Streit darüber entbrannt ist, wer dieses "Weltnetz" regieren soll. Bislang hat die amerikanische Stiftung ICANN und im Hintergrund das US-Handelsministerium das Sagen über die weltweite Verwaltung von Domänen-Namen und Adressen im Internet. Die Forderung der Europäischen Union und vieler Entwicklungsländer, diese Macht auf ein unabhängiges internationales Gremium zu übertragen, ist nur allzu verständlich.

Ein Weltnetz sollte auch in der Hand der Welt sein - nicht in der einer einzelnen Weltmacht.

Der Kompromiß, der gleich zu Beginn des Uno-Weltgipfels zur Informationsgesellschaft geschlossen wurde, vertagt das Problem letztlich nur. Die Welt darf ein Forum einrichten, das über die Entwicklung des Internets diskutiert. Die Entscheidungen, was im Netz wirklich passiert, wird allerdings nach wie vor von der amerikanischen ICANN getroffen. Es wird nicht lange dauern, bis das Problem wieder auf der Tagesordnung eines Weltgipfels stehen wird.

Eine Chance wurde vertan. Hoffentlich wird die zweite Chance, etwas zu bewegen, wenigstens beim anderen großen Thema der Mammutkonferenz genutzt. Der digitale Graben, der die Welt zwischen Nord und Süd - zwischen Reich und Arm - durchzieht, soll überwunden werden. Das Internet soll den Armen der Welt helfen. Ein hehres Ziel. Es sollte der Welt mehr wert sein als ein Blatt Papier mit einer Absichtserklärung.